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Monats-Archiv: Februar 2017 − News & Stories


Cape Cro­zier, Ross Eis­schelf – 28. Febru­ar 2017

Über Nacht sind wir um Ross Island her­um­ge­fah­ren und sind früh mor­gens am Cape Cro­zier, wo Ross Island in den Ross Eis­schelf über­geht. Die hüge­li­ge Land­schaft auf den vul­ka­ni­schen Hän­gen ist genau die Ecke, wo sich die berühm­te Geschich­te aus Aps­ley Cher­ry-Gar­rards berühm­ten und sehr lesens­wer­ten Buch „Worst Jour­ney in the World“ abge­spielt hat, jene äußerst aben­teu­er­li­che und dra­ma­ti­sche Suche nach Eiern von Kai­ser­pin­gui­nen in der Polar­nacht. Die Eier sind danach von der Wis­sen­schaft übri­gens ein Jahr­hun­dert lang völ­lig igno­riert wor­den, sie haben ein­fach nie­man­den inter­es­siert.

Der Ross Eis Schelf beginnt an der glei­chen Stel­le direkt vor uns und ver­schwin­det dann nach Osten hin­term Hori­zont. Man könn­te in die Rich­tung fah­ren und hät­te lan­ge Zeit immer das­sel­be Bild vor sich, wie „die gro­ße Bar­rie­re“, wie der Eis­schelf frü­her genannt wur­de, sich in der End­lo­sig­keit ver­liert. Ein äußerst beein­dru­cken­des Bild! Aber schwer zu foto­gra­fie­ren.

Gale­rie – Cape Cro­zier, Ross Eis­schelf – 28. Febru­ar 2017

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Und noch schwe­rer, nahe her­an­zu­kom­men. Aus unse­ren Plä­nen, mit den Hub­schrau­bern auf dem Eis­schelf zu lan­den oder zumin­dest einen Flug über die Eis­wand zu machen, wird ange­sichts von Wind­stär­ke 8 nichts. In Kom­bi­na­ti­on mit -10°C Luft­tem­pe­ra­tur ist es wirk­lich eisig kalt!

McMur­do Sta­ti­on – 28. Febru­ar 2017

Mit Ant­ark­tis-For­schungs­sta­tio­nen ist es so eine Sache. Sie sind inter­es­sant, sie ver­sor­gen die Welt mit viel bedeu­ten­dem Wis­sen. Sie sind poli­tisch, ein Macht­fak­tor im Ant­ark­tis-Ver­trags­sys­tem, immer die Fah­ne im Wind. Sie sind span­nend, von his­to­risch-gemüt­lich bis modern-futu­ris­tisch. Wenn man in der Ant­ark­tis ist, will man so etwas auch exem­pla­risch ken­nen­ler­nen.

Dabei sind die­se Sta­tio­nen nicht gera­de ein Hort natür­li­cher Schön­heit und öko­lo­gi­scher Unbe­rührt­heit. Wenn jemand in der Ant­ark­tis lang­le­bi­ge Spu­ren hin­ter­las­sen hat, unver­gäng­li­che Spu­ren mensch­li­cher Prä­senz und Akti­vi­tät und dar­un­ter auch Spu­ren der Zer­stö­rung, dann sind es die­se Sta­tio­nen (und übri­gens nicht Tou­ris­ten). Jeden­falls gehö­ren Sta­tio­nen zu die­sen Orten, von denen vor­her vie­le sagen, das ist ganz span­nend und wich­tig, da will ich hin, das muss ich sehen, und hin­ter­her sagt man ger­ne, Natur wäre doch auch schön gewe­sen.

Die berühm­te, US-ame­ri­ka­ni­sche McMur­do Base ist in jeder Hin­sicht ein Pracht­ex­em­plar. Ein Pracht­ex­em­plar an Grö­ße, an visu­el­ler Wucht und poli­ti­scher Macht. Hier lau­fen die logis­ti­schen Strän­ge für die Amund­sen-Scott Base am Süd­pol genau­so zusam­men wie für die anspruchs­vol­len, gro­ßen For­schungs­un­ter­neh­mun­gen im »deep field«, ganz, ganz weit weg, Eis­boh­run­gen und so, wie die stän­di­gen Akti­vi­tä­ten in der ver­gleichs­wei­se nahen Umge­bung: Dry Val­leys, Ross Ice Shelf, Mount Ere­bus.

In der som­mer­li­chen Hoch­sai­son sind gut 1000 Leu­te in der McMur­do Sta­ti­on beschäf­tigt.

Man mag es Zufall nen­nen oder den Grund in der all­ge­gen­wär­ti­gen Suche nach einer mög­lichst weit süd­lich gele­ge­nen Stel­le für eine Basis sehen: Am glei­chen Ort über­win­ter­te Scott 1902 mit sei­ner ers­ten Ant­ark­tis-Expe­di­ti­on mit der Dis­co­very. Am Hut Point, ein paar Minu­ten zu Fuß von der McMur­do Sta­ti­on ent­fernt, steht noch heu­te die Dis­co­very Hüt­te (hier kli­cken für 360-Grad-Ein­drü­cke von der Dis­co­very Hut). Gewohnt wur­de aller­dings auf dem Schiff, der Dis­co­very, die direkt neben­an im Eis lag, daher wur­de die Hüt­te nicht so soli­de gebaut und wohn­lich ein­ge­rich­tet wie die Hüt­te am Cape Evans.

Und das ist für heu­te das Pro­gramm. Das Wet­ter sieht pri­ma aus und soll auch zunächst so blei­ben, eine Wet­ter­än­de­rung ist erst für den Abend ange­sagt, und die Ame­ri­ka­ner haben ihr Sta­ti­ons­wet­ter ganz gut im Griff, wie man hört. Dar­auf kom­me ich nach­her noch ein­mal rand­lich zurück. Jeden­falls stand dem Hub­schrau­ber­flug von der Fest­eis­kan­te zur McMur­do Sta­ti­on nichts im Wege. Im Gegen­teil, die Son­ne strahl­te vom blau­en Him­mel. Herr­lich!

Beim Besuch vor vier Jah­ren waren die Ame­ri­ka­ner allen ungu­ten Kli­schees kon­se­quent gerecht gewor­den: Es gab nicht mehr als den Hin­weis, man soll­te mög­lichst schnell und berüh­rungs­frei die Wege ent­lang schwe­ben und nicht nach links und rechts schau­en, zur Dis­co­very-Hüt­te am Hut Point pil­gern und bei Bedarf auch auf den Obser­va­ti­on Hill auf der ande­ren Sei­te. Fra­gen nach Bli­cken nach links und rechts wur­den ein­deu­tig beant­wor­tet: »that is not aut­ho­ri­zed, and I am not aut­ho­ri­zed to aut­ho­ri­ze this.«

Kla­re Wor­te. Ganz anders heu­te: Sehr gast­freund­lich und zuvor­kom­mend wer­den wir emp­fan­gen, man hat eine gan­ze Grup­pe von »locals« orga­ni­siert, die uns in klei­nen Grup­pen durch eini­ge der wich­ti­gen Ein­rich­tun­gen füh­ren. Das rie­si­ge Labor mit dem klei­nen Muse­um, die Kom­mu­ni­ka­ti­ons­zen­tra­le, die Kapel­le (ja, so etwas gibt es), das Kaf­fee­haus (wo wir ent­ge­gen sons­ti­ger Ant­ark­tis-Gewohn­heit an Land Mit­tag essen, es gibt mit­ge­brach­te Stul­le), ach ja, einen Sou­ve­nir­shop gibt es natür­lich auch.

Gale­rie – McMur­do Sta­ti­on – 28. Febru­ar 2017

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Am Hut Point konn­te man viel Zeit ver­brin­gen mit dem Blick über die Sta­ti­on, das nahe Fest­eis, und natür­lich mit dem Besuch der Hüt­te selbst. Ein wei­te­rer hei­li­ger Gral der Ant­ark­tis-Geschich­te, nach der Ter­ra Nova Hüt­te am Cape Evans ges­tern.

Dann steht am ande­ren Ende der Sta­ti­on der Obser­va­ti­on Hill. Ein stei­ler Hügel aus Vul­kan­ge­stein, wie alles hier, mit einem Pfad, der bis auf den klei­nen Gip­fel in etwa 230 Metern Höhe führt. Eine präch­ti­ge Aus­sicht hat man vom Kreuz, das an das Schick­sal von Scott und Beglei­tern erin­nert, die Anfang 1912 auf dem Rück­weg vom Süd­pol ums Leben kamen. Bei­na­he kann man in der Fer­ne die Stel­le sehen, wo sie ihr letz­tes Lager hat­ten. Die Toten und ihr Zelt wur­den nie gebor­gen, sie ste­cken nun irgend­wo in der Tie­fe im Eis des Ross Eis­schelf.

Unse­re Ber­gung steht kurz bevor, die Hub­schrau­ber krei­sen schon wie­der, dann wird es noch ein­mal span­nen­der als nötig. Der für heu­te Abend ange­sag­te Wet­ter­wech­sel hat sich ein paar Stun­den frü­her als vor­her­ge­sagt ein­ge­stellt, Wol­ken­schlei­er zie­hen auf, es wird win­dig. Die vor­her so ange­neh­me Wär­me der Son­nen­strah­len wird schlag­ar­tig abge­schnit­ten, die eisi­ge Luft ent­fal­tet ihre Wir­kung mit kal­ter Wucht. Nun müs­sen wir nicht im Frei­en war­ten, hier wird nie­mand erfrie­ren oder ver­hun­gern, aber die Sicht, auf die unse­re Pilo­ten ange­wie­sen sind, wird beein­dru­ckend schnell schlech­ter. Hub­schrau­ber um Hub­schrau­ber ver­rin­gert sich die Anzahl der War­ten­den um jeweils vier oder fünf Leu­te. Schließ­lich sind alle Pas­sa­gie­re an Bord, nur noch zwei Hub­schrau­ber für uns Gui­des, aber ich zwei­fe­le bei­na­he, dass es noch reicht … der nächs­te Hub­schrau­ber hebt ab, mit zwei Kol­le­gen ste­he ich am Lan­de­platz und wir war­ten gespannt, ob wir das lau­te Brum­men der Moto­ren bald wie­der hören kön­nen.

Der Obser­va­ti­on Hill ist schon nur noch eine Sil­hou­et­te in noch dün­nen Nebel, aber ob das reicht? Wenn nicht, dann wer­den wir die ame­ri­ka­ni­sche Gast­freund­schaft wohl unfrei­wil­lig für ein paar Tage genie­ßen kön­nen. Über den dar­aus ent­ste­hen­den Ärger mache ich mir lie­ber kei­ne Gedan­ken. Muss ich auch nicht, bald ertönt das beru­hi­gen­de Knat­tern, und Augen­bli­cke spä­ter setzt Julio, der Ältes­te der drei Pilo­ten, sei­nen Hub­schrau­ber ziel­ge­nau auf den Boden. Dass er es eilig hat, sieht man auf dem Rück­flug. Gott­sei­dank hängt der Nebel nur um die Sta­ti­on her­um, nach weni­gen Augen­bli­cken ist es so klar, als könn­te hier nie ein Wölk­chen den Him­mel trü­ben, und kurz dar­auf sind wir alle wie­der an Bord. Hal­le­lu­ja!

Cape Evans – 27. Febru­ar 2017

Ein­mal quer über den McMur­do Sound liegt Ross Island. Und dort, am Fuß des berühm­ten Vul­kans, Mount Ere­bus, liegt Cape Evans, wo Scott wäh­rend sei­ner berühm­ten letz­ten Expe­di­ti­on mit der Ter­ra Nova sei­ne schö­ne Hüt­te bau­en ließ.

Vom Mount Ere­bus ist nicht viel zu sehen, des­sen mäch­ti­ge Gestalt bleibt heu­te ein Rät­sel der Wol­ken. Die kräf­ti­ge Bri­se aus Süd stimmt uns etwas ver­hal­ten, aber immer­hin liegt die Lan­de­stel­le auf der Nord­sei­te von Cape Evans. Ablandin­ger Wind ist immer gut, oder anders gesagt, weni­ger schlecht als auf­lan­di­ger Wind.

Es war auch eine anstren­gen­de Akti­on, die Zodiacs start­klar zu bekom­men. Etwas skep­tisch gestimmt, stie­gen wir mit dem Gui­de-team ins ers­te Boot, um das Ufer aus der Nähe in Augen­schein zu neh­men. Wobei das Ufer bei dem ablan­di­gen Wind gar nicht das Pro­blem war. Auch den mei­len­lan­gen Zodiacritt mit viel eisi­gem Spritz­was­ser und Tem­pra­tu­ren von gefühlt -300°C scheu­en wir sicher nicht. Span­nen­der war da schon der Über­gang von der Gang­way ins Zodiac. Nach einer Wei­le der Beob­ach­tung vor Ort und der Zusi­che­rung des Kapi­täns, das Schiff so zu dre­hen, dass es uns an der Gang­way Schutz vor Wind und Wel­len geben wür­de, war für mich der Fall klar: Los geht’s – immer ein gutes Auge auf die Ent­wick­lung von Wind und Wet­ter hal­ten, die Gang­way stän­dig beob­ach­ten, bei Bedarf jeder­zeit abbre­chen, nicht zu vie­le Men­schen gleich­zei­tig an Land mit dem Gedan­ken an eine schnel­le Eva­ku­ie­rung im Fall, dass der Wind noch zuneh­men wür­de. All die­se Gedan­ken und noch so eini­ge mehr gehen einem als Fahrt­lei­ter in sol­chen Momen­ten durch den Kopf.

Bald ste­hen ganz ande­re Din­ge an. Der magi­sche Moment, die Tür zu Scotts Hüt­te zu öff­nen und in die hei­li­gen Hal­len ein­zu­tre­ten, wo jedes Brett in den Wän­den, jeder Becher im Regal und jedes Glas auf dem Labor­tisch noch den Geist von 1911 atmet.

Nach und nach stei­gen eis­über­krus­te­te Gestal­ten aus den Zodiacs. Am Ein­gang wer­den Stie­fel von Sand und Stein­chen und Jacken von Eis und Schnee befreit, klei­ne Grüpp­chen betre­ten nach und nach die Hüt­te, wäh­rend ande­re zum Kreuz zie­hen, das zur Erin­ne­rung an die Ver­schol­le­nen von Shack­le­tons Ross­meer-Grup­pe (1914-17) auf dem Wind Vane Hill steht. Schließ­lich zir­ku­lie­ren wie­der Zodiacs, brin­gen Leu­te zurück zum Schiff, die sich teil­wei­se bereits in einem Sta­di­um hin­rei­chen­der Abküh­lung befin­den, und holen neue, mit fri­scher Neu­gier auf den berühm­ten Ort.

Unter­des­sen befin­det das Schiff sich in einer erfreu­lich nahen Posi­ti­on zum Ufer, so dass die win­dig-sprit­zi­ge Zodiac­fahrt mitt­ler­wei­le deut­lich über­schau­ba­rer gewor­den ist. Und der Wind lässt auch lang­sam nach. Die Span­nung fällt ab, es läuft gut. Schließ­lich kön­nen wir die Hüt­te in aller Ruhe abschlie­ßen und zurück­keh­ren. Nach Tay­lor Val­ley ges­tern waren wir nun mit Cape Evans bei einem wei­te­ren der ganz gro­ßen Orte im Ross­meer erfolg­reich. (Hier geht es zu einem vir­tu­el­len Besuch der Ter­ra Nova Hüt­te am Cape Evans).

Gale­rie – Cape Evans – 27. Febru­ar 2017

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Nicht weit ent­fernt vom Cape Evans liegt Cape Royds, es sind nur ein paar Mei­len nach Nor­den. Auf der Fahrt dort­hin habe ich aber schon gemisch­te Gefüh­le. Das Ufer dort ist nach Süden expo­niert und wird voll im Wind ste­hen. Zudem ist die Bucht, wie sich bald zeigt, voll mit Eis. Kei­ne Chan­ce, an Land zu kom­men, und die tie­fen Wol­ken las­sen jeden Gedan­ken an einen Ein­satz der Hub­schrau­ber im Keim ersti­cken. Für Cape Royds ist heu­te nicht der Tag, wir müs­sen uns mit einem Blick auf Shack­le­tons Hüt­te von der Nim­rod-Expe­di­ti­on aus der Fer­ne begnü­gen. (Hier kann man Shack­le­tons Hüt­te am Cape Royds im 360-Grad-Rund­um­blick besu­chen).

Aber das rela­tiv früh­zei­ti­ge Abzie­hen vom Cape Royds soll­te uns einen der schöns­ten Aben­de der Fahrt brin­gen. Nach ein paar Stun­den haben wir die Eis­kan­te im inne­ren McMur­do Sund erreicht. Die Luft ist eisig kalt, aber hier ist es still und klar, der Abend bringt war­me Far­ben in die kal­te Atmo­sphä­re. Neben dem Schiff zie­hen sich die Eis­kan­te und dahin­ter das mas­si­ve Fest­eis vie­le Mei­len weit in den Hori­zont, dahin­ter erhe­ben sich der Vul­kan­ke­gel des Mount Dis­co­very und wei­ter rechts das Trans­ant­ark­ti­sche Gebir­ge. Und im Was­ser: Orkas, Orkas, Orkas. Oder, je nach Geschmack, Schwert­wa­le, Schwert­wa­le, Schwert­wa­le. Über­all stei­gen Blas­fon­tä­nen in die Luft, stän­dig zie­hen die­se Unter­was­ser­wöl­fe an uns vor­bei. Auf der Eis­kan­te ste­hen Ade­lie- und Kai­ser­pin­gui­ne. Mit­ten­drin: wir. Der Abend bleibt als ein Höhe­punkt in Erin­ne­rung, wie über­haupt der gan­ze Tag.

The Dry Val­leys – 26. Febru­ar 2017

Heu­te ist der gro­ße Tag, an dem wir den McMur­do Sound errei­chen, des Pudels Kern, das, was die meis­ten sich wohl unter dem eigent­lich viel grö­ße­ren Ross­meer vor­stel­len. Und gleich für den Anfang hat­ten wir uns einen Ort vor­ge­nom­men, der sicher bei vie­len hier an Bord ganz, ganz oben auf der Wunsch­lis­te steht: das Tay­lor Val­ley, eines jener berühm­ten McMur­do Dry Val­leys. Die­se mond­land­schafts­ar­ti­ge, super­tro­cke­ne Gebirgs­re­gi­on im Trans­ant­ark­ti­schen Gebir­ge, wo es seit Jahr­mil­lio­nen selbst den Glet­schern zu was­ser- bezie­hungs­wei­se schnee­arm ist. Die Ber­ge hal­ten das Inland­eis fern, nur ein paar klei­ne­re Glet­scher flie­ßen zum Tal­bo­den hin­ab. Die größ­te nicht-ver­glet­scher­te Land­flä­che der Ant­ark­tis. Wahr­lich ein fas­zi­nie­ren­des Stück­chen Erde! Hier gehts zu Pan­ora­men des Dry Vai­leys.

Aber hin­kom­men muss man erst mal. Der ers­te Blick, früh­mor­gend­li­che aus dem Fens­ter: grau, grau, grau. Eis­schol­len und Schnee­trei­ben. Nicht sehr viel­ver­spre­chend, denn unse­re Vögel flie­gen nur, wenn sie auch was sehen kön­nen.

Also heißt es, sich in Geduld zu üben. Regel­mä­ßig bespre­che ich den gan­zen Vor­mit­tag über mit Kapi­tän und den Pilo­ten die Lage, lang­sam bes­sert sich die Sicht, wir haben das Trans­ant­ark­ti­sche Gebir­ge ein paar Mei­len vor dem Bug, aber immer noch hän­gen die Wol­ken tief.

Schließ­lich gibt Chef­pi­lot Feli­pe sein ok für einen Erkun­dungs­flug, wir schau­en uns die Lage vor Ort aus der Luft an. Feli­pe dreht eini­ge Run­den über dem Cana­da-Gla­cier, schwebt ein paar Meter über der Lan­de­stel­le, begut­ach­tet die Wol­ken oben und die Tur­bu­len­zen, bis er den Dau­men hebt. Zurück an Bord, steigt die Stim­mung nach mei­ner Durch­sa­ge deut­lich, die Span­nung weicht der Freu­de. Schnell die letz­ten Vor­be­rei­tun­gen, als Mit­tag­essen für uns im ers­ten Team muss Erkun­dungs- und dem ers­ten Team­flug eine Bana­ne her­hal­ten, wir haben kei­ne Zeit zu ver­lie­ren. Wer weiß, wie lan­ge das Wet­ter hält!

Gale­rie – The Dry Val­leys – 26. Febru­ar 2017

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Neun­zehn Mei­len Flug sind es, erst über zer­bro­che­nes Meer­eis, dann über eis­keil­durch­zo­ge­nes Land, vor­bei am Com­mon­wealth Gla­cier, über den Fry­xell Lake hin­weg, bis kurz vor dem Cana­da Gla­cier gelan­det wird. Schnell die obli­ga­to­ri­sche Not­aus­rüs­tung für alle Fäl­le aus­la­den, und wir sind vor­be­rei­tet. Unter­des­sen wer­den an Bord die Hub­schrau­ber Num­mer zwei und drei in die Luft gebracht, und bald rollt die Maschi­ne­rie. Hub­schrau­ber für Hub­schrau­ber kom­men alle in klei­nen Grup­pen ange­flo­gen, lan­den, stau­nen. Aus Sicher­heits­grün­den hal­ten wir die Zeit rela­tiv knapp, kein Mensch weiß, wie lan­ge das Wet­ter hält, und wir wol­len nicht zuvie­le gleich­zei­tig am Boden haben, für den Fall, dass wir schlag­ar­tig das Wei­te suchen müs­sen. Aber das Wet­ter bleibt uns wohl­ge­son­nen, es klart sogar noch etwas auf und der blaue Him­mel lässt sich sehen.

Schließ­lich geht ein lan­ger, fan­tas­ti­scher Nach­mit­tag zu Ende. Alle hat­ten die sel­te­ne Chan­ce, ins Tay­lor Val­ley zu flie­gen. Mit größ­ter Wahr­schein­lich­keit waren wir vor zwei Jah­ren mit der Ort­eli­us auch die letz­ten Men­schen hier, sonst fährt hier kein Schiff mit Hub­schrau­bern (und vor ein paar Wochen gelang es nicht, das Schiff in die Nähe zu brin­gen, da war der gesam­te McMur­do Sound voll mit soli­dem Eis).

Frank­lin Island – 25. Febru­ar 2017

Süd­lich der Ter­ra Nova Bay erstreck­te sich ein brei­ter, dich­ter Treib­eis­strei­fen weit ins Ross­meer hin­ein, viel wei­ter, als auf den Satel­li­ten­bil­dern erkenn­bar. So haben wir deut­lich mehr Zeit damit zuge­bracht, das Eis zu umfah­ren, als ursprüng­lich gedacht. Natür­lich ist das letzt­lich eine gute Nach­richt: was wäre das Ross­meer ohne Eis?

Und dass wir nun etwas hin­ter unse­rem Zeit­plan her sind, macht auch nichts, nach der schnel­len Über­fahrt von Neu­see­land aus kön­nen wir uns einen Tag extra schon leis­ten.

Und der Tag bringt uns völ­lig uner­war­tet nach Frank­lin Island, wo wir am frü­hen Nach­mit­tag ankom­men. Die Insel liegt gänz­lich expo­niert im wei­ten Ross­meer, das sich aber heu­te fried­lich wie ein Enten­teich prä­sen­tiert, so dass wir nach etwas län­ge­rer Zodiac-Anfahrt pro­blem­los an Land gehen kön­nen. Von den über 100.000 Ade­lie­pin­gui­nen, die den fla­chen Ufer­strei­fen in der Brut­sai­son bevöl­kern, haben sich natür­lich die meis­ten schon ins Meer ver­zo­gen, aber erstaun­lich vie­le sind noch vor Ort. Irgend­wo hat sich ein Kai­ser­pin­gu­in unter sei­ne klei­ne­ren Ver­wand­ten gemo­gelt, schon dank sei­ner Grö­ße fällt er natür­lich schnell auf.

Gale­rie – Frank­lin Island – 25. Febru­ar 2017

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Was letzt­lich am beein­dru­ckends­ten ist, die Pin­gui­ne, die vie­len Wed­dell­rob­ben am Ufer oder die impo­san­te Ufer­land­schaft mit stei­len Klip­pen und Säu­len aus Vul­kan­ge­stein, ist schwer zu sagen. Und wir müs­sen uns ja auch nicht ent­schei­den, wir schau­en uns alles in Ruhe an 🙂

Ter­ra Nova Bay – 24. Febru­ar 2017

Auch im Ross­meer selbst sind die Ent­fer­nun­gen groß, so dass wir den Vor­mit­tag der Ent­span­nung wid­men konn­ten. Ist ja auch nicht unbe­dingt ver­kehrt. Lang­sam aber sicher stieg die Span­nung dann, als die West­küs­te des Ross­mee­res vor uns sicht­bar wur­de, das Trans­ant­ark­ti­sche Gebir­ge um die Ter­ra Nova Bay. Das berühm­te Kap Washing­ton kam in Sicht, ein wuch­ti­ges Vor­ge­bir­ge, wo im Win­ter auf dem Meer­eis eine Men­ge Kai­ser­pin­gui­ne brü­ten. Dahin­ter Mount Mel­bourne, ein wun­der­schö­ner, gro­ßer Vul­kan­ke­gel. Mount Ere­bus ist nicht der ein­zi­ge Feu­er­berg in die­ser Ecke der Welt, wenn sei­ne gan­zen Ver­wand­ten sich in his­to­ri­scher Zeit auch nicht zu Wort gemel­det haben.

Die Ter­ra Nova Bay ist so etwas wie die King Geor­ge Island des Ross­mee­res. Auf King Geor­ge Island in den Süd­shet­land Inseln drän­gen sich gefühlt Dut­zen­de von Sta­tio­nen. Hier sind es immer­hin drei, die sich inner­halb von weni­gen Kilo­me­tern neben­ein­an­der nie­der­ge­las­sen haben. Deut­sche und Korea­ner kön­nen sich mit­tels eines kur­zen Spa­zier­gangs besu­chen, für ein ita­lie­ni­sches Abend­essen brau­chen Karl und Lee ein Boot. Wobei sowohl Karl als auch Lui­gi schon abge­reist sind, sie sind nur im Som­mer hier.

Nach diver­ser Kom­mu­ni­ka­ti­on mit Behör­den und Sta­ti­ons­chefs war unse­re Wahl zunächst auf die ita­lie­ni­sche Sta­ti­on Mario Zuc­chel­li gefal­len. Allein die Aus­sicht, guten, soli­den ant­ark­ti­schen Gra­nit zu betre­ten, ein­wand­freie kon­ti­nen­ta­le Krus­te, beflü­gel­te all­ge­mein die Stim­mung, nicht zu reden bei jenen Teil­neh­mern, die eine per­sön­li­che Ver­bin­dung der einen oder ande­ren Art nach Ita­li­en haben. Bei eini­gen kamen regel­rech­te Hei­mat­ge­füh­le auf!

Gale­rie – Ter­ra Nova Bay – 24. Febru­ar 2017

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Land­schaft­lich ist die Mario Zuc­chel­li Sta­ti­on nun nicht unbe­dingt der auf­re­gends­te Ort, den man sich in der Ant­ark­tis vor­stel­len kann. So ist es bei den meis­ten Sta­tio­nen, abge­se­hen von jenen älte­ren Bau­jahrs, die sich in Holz­bau­wei­se gut in die Land­schaft ein­fü­gen. Die moder­nen Con­tain­er­samm­lun­gen, von diver­sen Anten­nen gekrönt und von schwe­ren Fahr­zeu­gen umstellt, sind weni­ger attrak­tiv. So sehen wir zu, dass wir unse­ren Besuch in der win­ter­lich ver­las­se­nen ita­lie­ni­schen Sta­ti­on nicht unnö­tig in die Län­ge zie­hen, und haben noch Zeit für einen zwei­ten, klei­nen Sta­ti­ons­be­such, nament­lich bei der deut­schen Gond­wa­na-Sta­ti­on. Auch hier­bei han­delt es sich um eine Som­mer­sta­ti­on, bei der nicht über­win­tert wird. Die Gond­wa­na-Sta­ti­on wird auch nicht jedes Jahr von Wis­sen­schaft­lern besuch, die­ses Jahr hat es hier nur War­tungs­ar­bei­ten gege­ben. Auch hier ist kei­ner mehr da. Die Sta­ti­on ist viel klei­ner und über­schau­ba­rer als die ita­lie­ni­sche Klein­stadt, die unge­hin­der­ten Aus­bli­cke auf die wei­te Umge­bung sind eben­so beein­dru­ckend wie die fel­si­ge Umge­bung, das Eis am Ufer und die Wed­dell­rob­ben, die dort in der Nähe lie­gen. Wir genie­ßen die Bli­cke in die Nähe und in die Fer­ne für eine all­zu kur­ze Wei­le, bis es Zeit wird, Kurs auf den McMur­do Sound zu set­zen.

Pos­ses­si­on Islands & Cape Hal­let – 23. Febru­ar 2017

Natür­lich wur­de lang­sam der Wunsch grö­ßer, einen Fuß an Land zu set­zen oder noch bes­ser zwei, aber damit muss­ten wir uns dann doch noch etwas gedul­den. Wir hat­ten auf einen Zodiac-Crui­se um die Pos­ses­si­on Islands gehofft, aber dafür war es deut­lich zu win­dig und zu wel­lig. Aber auch vom Schiff aus waren die­se klei­nen, schrof­fen Insel­chen ein schö­ner Anblick. Hier war der berühm­te James Clark Ross 1841 an Land gegan­gen. Über zwei Mei­len waren sie gegen Wind und Strö­mung ange­ru­dert, um an einer klei­nen, eis­frei­en Stel­le das Ufer zu betre­ten und für Kro­ne und Vater­land (oder Mut­ter­land, zu Zei­ten von Köni­gin Vic­to­ria) fei­er­lich in Besitz zu neh­men.

»We found the shores of the main­land com­ple­te­ly cover­ed with ice pro­jec­ting into the sea, and the hea­vy surf along its edge for­ba­de any attempt to land upon it ; a strong tide car­ri­ed us rapidly along bet­ween this ice-bound coast and the islands among­st hea­vy mas­ses of ice, so that our situa­ti­on was for some time most cri­ti­cal; for all the exer­ti­ons our peo­p­le could use were insuf­fi­ci­ent to stem the tide. But taking advan­ta­ge of a nar­row ope­ning that appeared in the ice, the boats were pushed through it, and we got into an eddy under the lee of the lar­gest of the islands, and lan­ded on a beach of lar­ge loo­se stones and stran­ded mas­ses of ice. The wea­ther by this time had put on a most threa­tening appearance, the bree­ze was fres­hening fast, and the anxious cir­cum­s­tances under which we were pla­ced, tog­e­ther with the recal-flag fly­ing at the ship’s mas­thead, which I had orde­red Lieu­ten­ant Bird to hoist if neces­sa­ry, com­pel­led us to has­ten our ope­ra­ti­ons.

The cerem­o­ny of taking pos­ses­si­on of the­se new­ly-dis­co­ver­ed grounds, in the name of our Most Gra­cious Sove­reign, Queen Vic­to­ria, was imme­dia­te­ly pro­cee­ded with; and on plan­ting the flag of our coun­try amidst the hear­ty che­ers of our par­ty, we drank to the health, long life, and hap­pi­ness of Her Majes­ty and His Roy­al High­ness Prin­ce Albert. The island was named Pos­ses­si­on Island.«

Zu einer Anlan­dung unter die­sen Bedin­gun­gen, wenn der Rück­weg mit meh­re­ren Mei­len Rudern ver­bun­den ist, muss man erst mal den Nerv haben! Ross hat­te ihn, wir hin­ge­gen begnü­gen uns mit den schö­nen Bli­cken vom Schiff aus, ein wär­men­des Täss­chen in der Hand.

Gale­rie – Pos­ses­si­on Islands & Cape Hal­let – 23. Febru­ar 2017

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Auch am Cape Hal­let ist das Glück lan­dungs­tech­nisch nicht auf unse­rer Sei­te. Wie schon am Cape Ada­re, begrüßt das Ufer der fla­chen Halb­in­sel, die aus einem schrof­fen, eis­be­deck­ten Berg her­aus­wächst, uns mit Eis und Bran­dung. Das soll­te sich aber kurz dar­auf als Glücks­fall erwei­sen. Nicht nur waren die Ein­drü­cke, die wir vom trei­ben­den Eis und den eisi­gen Ufern beka­men, so min­des­tens so anspre­chend wie das Erleb­nis, das wir in einer fast ver­las­se­nen Pin­guin­ko­lo­nie gehabt hät­ten, son­dern auf einer Eis­schol­le stand ein­sam ein Kai­ser­pin­gu­in, der augen­schein­lich nicht viel ande­res zu tun hat­te, als den sel­te­nen Besuch mit diver­sen Posen zu unter­hal­ten.

Damit nicht genug, gesell­te sich bald doch tat­säch­lich noch ein Ade­lie­pin­gu­in hin­zu, um den Grö­ßen­un­ter­schied so rich­tig zu ver­deut­li­chen. Ein Kai­ser­pin­gu­in aus nächs­ter Nähe, von Mee­res­hö­he her­aus zu beob­ach­ten und zu foto­gra­fie­ren – Voll­tref­fer! J An Land kom­men wir schon noch, an schö­nen Stel­len, wo es sich dann auch lohnt.

Kap Ada­re – 22. Febru­ar 2017

Am Kap Ada­re haben wir zunächst eine beson­de­re Mis­si­on zu erfül­len. Wir haben einen Uren­kel von Niko­laj Han­son an Bord, jenem Zoo­lo­gen der Expe­di­ti­on von Kars­ten Borchgre­vink, der wäh­rend der berühm­ten Über­win­te­rung von 1899-1900 starb und auf dem Berg­rü­cken am Kap Ada­re im ers­ten Grab liegt, das Men­schen jemals in der Ant­ark­tis gebaut haben. Was kei­ne Klei­nig­keit war:

Erst muss­ten Sarg und Inhalt meh­re­re hun­dert Höhen­me­ter einen sehr stei­len Hang hin­auf­ge­tra­gen wer­den, dann muss­te mit Dyna­mit ein Loch in den beton­hart gefro­re­nen Boden gesprengt wer­den. Es wird gesagt, dass der Zoo­lo­ge Han­son, als sein Leben sich nach lan­ger Bauch­krank­heit merk­lich dem Ende ent­ge­gen neig­te, den Wunsch geäu­ßert habe, zu leben, bis die Pin­gui­ne ans Kap Ada­re zurück­keh­ren wür­den. Sei­ne Kame­ra­den sol­len den ers­ten Pin­gu­in, der auf­tauch­te, gefan­gen und ans Kran­ken­bett getra­gen haben. Kurz dar­auf ist Han­son gestor­ben.

Nie hat einer sei­ner Fami­li­en­an­ge­hö­ri­gen an sei­nem ein­sa­men Grab gestan­den. Das zu ändern, war eine unse­rer Auf­ga­ben hier, vor­be­rei­tet durch einen mona­te­lan­gen Papier­krieg mit den Geneh­mi­gungs­be­hör­den. Man fragt sich, wozu: Eine Hub­schrau­ber­lan­dung auf einem weit­ge­hend leb­lo­sen Berg­rü­cken, mehr ist es nicht. Um kurz nach fünf Uhr früh ist die Mis­si­on glück­lich erle­digt.

Gale­rie – Kap Ada­re – 22. Febru­ar 2017

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Mit der zwei­ten Mis­si­on, eine Lan­dung aller bei Borchgre­vinks berühm­ter Über­win­te­rungs­hüt­te, dem ältes­ten mensch­li­chen Bau­werk auf die­sem Kon­ti­nent, ist es etwas schwie­ri­ger. Das Kap Ada­re ist noto­risch für Eis und Wind. Der Wind macht kei­ne Pro­ble­me, aber die gro­ßen Eis­blö­cke am Ufer sind ein unüber­wind­li­ches Hin­der­nis. Kei­ne 50 Meter ist der Strei­fen breit, der den Strand abrie­gelt wie eine Fes­tungs­mau­er, aber die Blö­cke sind rie­sig, hun­der­te von Ton­nen schwer, dicht an dicht und sie bewe­gen sich schnell mit Strö­mung und Dünung.

Was uns nicht davon abhält, Ufer, Halb­in­sel und Hüt­te per Zodiac so nahe zu kom­men, wie die Ver­hält­nis­se es eben zulas­sen. Und das ist schon ziem­lich nahe. Eis, Ade­lie­pin­gui­ne, Krab­ben­fres­ser­rob­ben. Am meis­ten beein­druckt mich die gewal­ti­ge Kraft, die im Wech­sel­spiel mit Strö­mung, Dünung und dem Eis sicht­bar wird.

Auf See – 18.-21. Febru­ar 2017

Der Süd­oze­an hat ja so sei­nen guten Ruf, mit den brül­len­den Fünf­zi­gern und den schrei­en­den Sech­zi­gern und so. Das stellt natür­lich so eini­ge Fra­ge­zei­chen in den Raum. Eine ordent­li­che Wind­stär­ke 10 auf die Nase, und schon schaut man still und lei­se lei­dend zu, wie die Zeit dahin­schrumpft. Hat man ja alles schon oft genug erlebt in die­sen Brei­ten.

Und die­ses Mal? Ist Nep­tun soweit auf unse­rer Sei­te. Zeit­wei­se bläst es ein wenig von Wes­ten, aber mehr als eine ers­te, dezen­te Trai­nings­ein­heit in Sachen See­fes­tig­keit führ­te das nicht mit sich. Wir haben eine durch­schnitt­li­che Geschwin­dig­keit von irgend­wel­chen 11 Kno­ten von Camp­bell Island bis zum Kap Ada­re hal­ten kön­nen. Ent­spann­te Tage Über­fahrt, das kann sich mehr als sehen las­sen!

Ant­ark­tis, wir kom­men!

Das Foto zeigt unse­re guten Hub­schrau­ber­pi­lo­ten und –mecha­ni­ker, über­wie­gend alte Bekann­te, bei Vor­be­rei­tun­gen für die Flü­ge in der Ant­ark­tis. Hof­fen wir, dass sie in ein paar Tagen viel zu tun haben!

Unser Heli­team – Auf See – 18.-21. Febru­ar 2017

Auf See - 18.-21. Februar 2017

Camp­bell Island – 17. Febru­ar 2017

Joho – und wie wir an Land waren! J Und nicht zu knapp! Lang­sam tauch­te Camp­bell im Lau­fe des Vor­mit­tags aus den zunächst tief hän­gen­den Wol­ken auf, die sich lang­sam ver­zo­gen. Eine grü­ne, wil­de Insel in einem grau­en, wei­ten Meer.

Die Wet­ter­vor­her­sa­ge hat­te schon Anlass zu Opti­mis­mus gege­ben, und die Rea­li­tät, die hier­zu­was­ser oft nur wenig mit den Pro­gno­sen gemein hat, hat uns nicht ent­täuscht. Freund­li­cher­wei­se haben die Glet­scher ja einst einen schö­nen Fjord in die Insel gefräst, Per­se­ver­ance Har­bour, so dass man hier kei­nen gro­ßen Stress mit der Dünung des offe­nen Oze­ans hat. Solan­ge der Wind nur nicht zu hef­tig ist …

Wenn man men­tal auf Ant­ark­tis ein­ge­stellt ist, dann über­ra­schen die Tem­pe­ra­tu­ren, und bald läuft der Schweiß. Mol­li­ge neun Grad, und kein Lüft­chen regt sich, dafür tan­zen diver­se Insek­ten. Hohes Gras, Gebüsch und ver­holz­tes Gesträuch, das man schon fast als Wald bezeich­nen könn­te, säu­men die ufer­na­hen Hän­ge. Am Ufer steht ein ein­sa­mer Pin­gu­in, der sich schnell als Kro­nen­pin­gu­in her­aus­stell­te, eine Art, die ich noch nie gese­hen hat­te. Kro­nen­pin­gui­ne brü­ten nur auf den Boun­ty Inseln und den Anti­po­den, die bei­de in der ent­fern­te­ren Nach­bar­schaft lie­gen. Ein Glücks­tref­fer.

Ein Pfad führt zwi­schen den Gebäu­den einer auf­ge­ge­be­nen Wet­ter­sta­ti­on hin­durch die Hügel hoch, zwi­schen dem strau­chi­gen Zwerg­wald tun sich immer wie­der schö­ne Bli­cke auf die Bucht auf. Erstaun­lich groß­wüch­si­ge Kräu­ter und Blu­men ste­hen auf wei­ten Flä­chen, die berühm­ten »mega­herbs« die­ser Inseln.

Mit der Höhe frischt der Wind auf und treibt kal­te Nebel­schwa­den über die Hügel. Gro­ße, wei­ße Punk­te leuch­ten im grü­nen Gras durch den Nebel: Hier sit­zen Alba­tros­se auf ihren Nes­tern. Gro­ße Königs­al­ba­tros­se sind es, die nächs­ten Ver­wand­ten der Wan­der­al­ba­tros­se. Nur fei­ne Details am Schna­bel und Gefie­der ver­ra­ten den Unter­schied. Die gro­ßen Vögel sit­zen über­all ver­teilt und wär­men ihren Nach­wuchs, der gera­de erst geschlüpft sein dürf­te. Wie­der haben wir viel Glück und kön­nen meh­re­re Alba­tros­se in nächs­ter Nähe dabei beob­ach­ten, wie sie ihren Nach­wuchs füt­tern oder den zum Nest zurück­keh­ren­den Part­ner begrü­ßen. Die weni­gen, die sich bis zum Schluss nicht los­rei­ßen kön­nen, wer­den von einer Grup­pe aus nicht weni­ger als sechs rie­si­gen Alba­tros­sen belohnt, die sich in nächs­ter Nähe nie­der­las­sen, um sich tan­zend mit­ein­an­der zu unter­hal­ten. Ein unver­gess­lich schö­ner Ein­druck, zumal der Nebel mit­ein­an­der auch dem blau­en Him­mel gewi­chen ist.

Gale­rie – Camp­bell Island – 17. Febru­ar 2017

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Nach einem lan­gen Nach­mit­tag ver­ab­schie­den wir uns von Camp­bell Island. Nach­dem wir uns die­se Insel vor zwei Jah­ren andert­halb Tage lang durch Sturm­bö­en hin­durch ange­schaut hat­ten, ohne ihr wirk­lich nahe zu kom­men, waren wir die­ses Mal mit Glück geseg­net. Ein unver­gess­lich schö­ner, lan­ger Nach­mit­tag in einer ganz beson­de­ren, ein­zig­ar­ti­gen Welt.

Gegen Abend wird es Zeit, Kurs nach Süden zu set­zen. Bis zum Ross­meer sind es über 1100 See­mei­len, wir wer­den min­des­tens vier Tage lang offe­nes Meer um uns haben.

Auf See – 16. Febru­ar 2017

Ganz im Süden von Neu­see­land weht ein ganz eige­ner Wind, kräf­tig und ste­tig, aber die Son­ne wärmt ordent­lich, die Luft ist so warm wie lan­ge nicht mehr erlebt dank den kal­ten Win­ter­wo­chen in Deutsch­land. Genau 100 Pas­sa­gie­re aus bei­na­he eben­so vie­len Län­dern haben sich auf der Ort­eli­us zusam­men­ge­fun­den und sind gespannt, was die nächs­ten Wochen so brin­gen wer­den. Es ist der Anfang einer ant­ark­ti­schen Odys­sey, über 6000 See­mei­len erwar­ten uns.

Gale­rie – Auf See – 16. Febru­ar 2017

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Eine ange­neh­me, leich­te Bri­se weht wäh­rend der ers­ten Mei­len, wir haben Kurs nach Süden auf Camp­bell Island. Vor zwei Jah­ren haben wir uns die Insel ein­ein­halb Tage lang durch den Sturm hin­durch ange­se­hen, bis die Zeit uns zwang, sie unver­rich­te­ter Din­ge zurück­zu­las­sen. Was ja durch­aus schö­ne Ein­drü­cke hin­ter­las­sen hat, der Blick auf die grü­ne Insel mit ihren wil­den, schrof­fen Küs­ten, woher immer mal ein Gel­bau­gen­pin­gu­in zu uns geschwom­men kam. Aber an Land gehen, das wäre es natür­lich, da spielt nun mal die Musik. Ob es die­ses Mal klappt? Wir sind gespannt und drü­cken die Dau­men. Damit wür­de ein Traum in Erfül­lung gehen.

Hal­ley VI: Eine For­schungs­sta­ti­on zieht um

2012 ließ das Bri­tish Ant­ar­c­tic Sur­vey eine hoch­mo­der­ne For­schungs­sta­ti­on im Osten des Wed­dell­mee­res errich­ten: Hal­ley VI; nach­dem die fünf Vor­gän­ger­sta­tio­nen unbe­wohn­bar gewor­den waren. Ähn­lich wie die deut­sche For­schungs­sta­ti­on Neu­may­er III, die 2009 erst­mals von For­schern bezo­gen wur­de, steht Hal­ley VI auf dem Schelf­eis. Schon Neu­may­er III wur­de für ihren Stand­ort opti­miert. Sie soll­te dem vor­herr­schen­den star­ken Win­den trot­zen kön­nen und ver­weh­ter Schnee soll­te sich nicht um die Sta­ti­on ansam­meln. Eis bewegt sich und des­sen Fließ­kräf­te soll­ten auch den Bau nicht beschä­di­gen kön­nen. Das Gebäu­de wur­de auf hydrau­li­schen Stüt­zen errich­tet, mit denen es nach und nach auf das Niveau der aktu­el­len Schnee­de­cke gebracht wer­den kann. Doch die deut­sche Sta­ti­on ist sta­tio­när. Am der­zei­ti­gen Stand­ort drif­tet sie mit einer Geschwin­dig­keit von 157 Meter pro Jahr in Rich­tung Schelf­eis­kan­te. Die Bri­ten ver­bes­ser­ten ihren Neu­bau, und im Febru­ar 2012 stand ein Modul­bau auf Kufen auf dem Brunt-Schelf­eis. Er kann eben­so hydrau­lisch aus dem Schnee geho­ben wer­den. Pro Jahr gibt es am Stand­ort knapp 1,5 Meter Schnee, zusätz­lich zu Ver­we­hun­gen. Das ca. 150 Meter dicke Schelf­eis unter Hal­ley VI bewegt sich aber mit einer Geschwin­dig­keit von mehr als 400 Meter pro Jahr gen Eis­kan­te. Damit die Sta­ti­on über die Jah­re nicht ver­lo­ren geht, kön­nen schwe­re Fahr­zeu­ge die ein­zel­nen Modu­le auf ihren Ski­ern von ihrem Stand­ort fort­be­we­gen.

Als Hal­ley VI bezo­gen wur­de, waren süd­lich der Sta­ti­on meh­re­re Eis­klüf­te bekannt. Knapp ein Jahr spä­ter wur­den nach 35 Jah­ren wie­der Akti­vi­tä­ten in den Klüf­ten gemes­sen: sie began­nen wei­ter auf­zu­bre­chen. Die Spal­te, wel­che der Sta­ti­on am nächs­ten lag, ver­grö­ßer­te sich um etwas 1,7 Kilo­me­ter pro Jahr. Sie droht nun die Sta­ti­on vom Fest­land abzu­schnei­den. Als im Okto­ber letz­ten Jah­res sich ein Riss im nörd­lich gele­ge­nen Eis auf­tat, ent­schie­den sich die Ver­ant­wort­li­chen zu han­deln und bestimm­ten eine Eva­ku­ie­rung der Sta­ti­on. Inner­halb von 3 Jah­ren soll der Umzug abge­schlos­sen sein. 2015/16 wur­de ein neu­er Ort samt siche­rer Rei­se­stre­cke gesucht. Die­sen Süd­som­mer wur­den zeit­wei­li­ge Unter­künf­te für die Arbei­ter errich­tet und ers­te Modu­le sol­len mit schwe­ren Trak­to­ren auf Ski­tour gehen. Im nächs­ten Som­mer, so hof­fen die Polar­for­scher, soll die Sta­ti­on wie­der voll­stän­dig, 23 Kilo­me­ter land­ein­wärts, ste­hen. Der Ver­sor­gungs­weg über die Schelf­eis­kan­te ver­län­gert sich so auf 40 Kilo­me­ter. Aber sicher ist sicher!

Die Hal­ley VI Sta­ti­on auf dem Brunt Schelf­eis. Foto © Bri­tish Ant­ar­c­tic Sur­vey.

Halley VI

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