James Clark Ross: einer der größten Antarktis-Fahrer nicht nur seiner Zeit. Nach ihm sind Rossmeer, Ross-Eisschelf, Ross Insel und Rossrobbe benannt, und ein paar andere Kleinigkeiten.
James Clark Ross (1800-1862), Neffe des berühmten John Ross, war einer der größten Seefahrer und Polar-Entdecker seiner Zeit. Unter seinem Onkel John sowie Edward Parry hatte Ross in jüngeren Jahren an einer Reihe berühmter Arktis-Expeditionen teilgenommen.
1839 übernahm James C. Ross schließlich selbst das Kommando und brach mit den Schiffen HMS Erebus und HMS Terror ins Südpolarmeer auf. Eines der Hauptziele war die Entdeckung des Magnetpols der Antarktis. Ross interessierte sich stark für Magnetismus und hatte bei seinen Instruktionen genügend Freiheiten erhalten, um die Route selbst gestalten zu können. Tatsächlich änderte er in Tasmanien die Pläne, als er hörte, dass Dumont d’Urville und der Amerikaner Wilkes ungefähr dort gewesen waren, wo er eigentlich hin wollte. Da er keinen Reiz darin sah, bereits entdeckte Gebiete zu bereisen, hielt er sich mit seinen 2 Schiffen weiter östlich. Dieser Zufall bescherte ihm mit ein paar der wichtigsten geographischen Entdeckungen in der Antarktis die Chance seines Lebens: als Erster fuhr der arktis-erfahrene Ross nicht nur am 05. Januar 1841 in das antarktische Packeis hinein, sondern konnte den vorher für unpassierbar gehaltenen Eisgürtel in nur 4 Tagen durchfahren. Südlich davon entdeckte er das eisfreie, später nach ihm benannte Rossmeer, machte am 12. Januar 1841 eine Landung auf Possession Island und später auf Franklin Island. Ross sah als erster den Ross-Eisschelf, der ihm „wie die Klippen von Dover“ erschien, und die Ross-Insel mit den beiden berühmten Vulkanen Mount Erebus und Mount Terror, die er nach seinen Schiffen benannte. Zu Ross‘ wenigen Fehlern als Entdecker gehörte allerdings seine übergroße Vorsicht, was Entdeckungen betraf: Nicht restlos überzeugt, dass es sich bei den Rauchwolken am Gipfel tatsächlich um vulkanische Aktivität handelte und nicht vielleicht doch um eine Schneefahne, zögerte er, die Entdeckung eines aktiven Vulkanes offiziell festzustellen. Ähnlich zurückhaltend war er damit, hohe, aber vollständig schneebedeckte als Land zu bezeichnen, und verpasste so die Chance, große Teile der Antarktis mit Namen auf die Landkarte zu setzen. Stattdessen trug er „appearance of Land“ auf seiner Karte ein. Weder seine Zeitgenossen noch spätere Entdecker waren auch nur im Ansatz so zurückhaltend, sondern zeichneten mitunter auch schon mal Inseln und Landmassen in ihre Karten ein, die manchmal gar nicht oder fernab der angeblichen Position existierten.
Am 02. 1841 Februar erreichten Erebus und Terror bei 78°04’S ihre südlichste Position. Der unerschrockene Ross zog sogar eine Überwinterung in Erwägung, um den Magnetpol erreichen und dort die Flagge hissen zu können, die er bereits 1831 am nördlichen Magnetpol aufgestellt hatte, aber das Eis hielt ihn davon ab, die Küste zu erreichen. Nach 63 südlich des Südpolarkreises verbrachten Tagen verließ James Clark Ross die Antarktis.
Nach einem kurzen Besuch in England kehrte Ross bereits Ende 1841 in die Antarktis zurück. Am letzten Tag des Jahres erreichte er mit Erebus und Terror den Südpolarkreis, hatte nun aber große Schwierigkeiten, das Eis zu durchdringen. Er ließ seine Schiffe auf beiden Seiten einer Eisscholle von passender Größe und Form befestigen. Diese diente zunächst als Tanzfläche für die Feier zum Jahreswechsel, wobei Ross die Party in Frauenkleidern mit einem Tanz mit Kapitän Crozier eröffnete. Solche Auftritte trugen sicher dazu bei, dass James Clark Ross nicht nur als herausragender Seemann und großer Entdecker in Erinnerung geblieben ist, sondern bei seinen Zeitgenossen auch äußerst beliebt gewesen zu sein scheint.
Bei der weiteren Fahrt durchs Eis wurde die immer noch zwischen den Schiffen befindliche Eisscholle genutzt, um das vor ihnen liegende Packeis zu durchstoßen, ohne die eigenen Schiffe allzu harten Stößen auszusetzen, ein Manöver, das man erst mal kommen muss, von einer erfolgreichen Durchführung ganz abgesehen. Erst am 22. Februar 1843 erreichten sie den Ross Eisschelf und ihre südlichste Breite bei 78°11’S/161°27’W. Nach 64 mühevollen, aber vergleichsweise enttäuschenden Tagen südlich des Polarkreises verließen Erebus und Terror endgültig die Antarktis. Es sollte bis 1900 dauern, bis während Borchgrevinks Southern Cross-Expedition weiter nach Süden vorgestoßen wurde als während der Reise von Ross. Beinahe wären die Schiffe Erebus und Terror auf dem weiteren Weg zu den Falklandinseln bei einer Kollision in Nacht und Sturm verloren gegangen, die Expedition überlebte nur mit Glück. Beide Schiffe hingen zunächst eine Weile aneinander fest, wobei vor allem die Erebus, auf der Ross sich befand, einen großen Teil ihrer Takelage verlor. Es stellte sich heraus, dass der Eisberg aus zwei Teilen bestand, die von einem Kanal getrennt waren, und es gelang der Terror, durch diesen Kanal zu schlüpfen und so die Kollision zu vermeiden. Auf der Erebus soll Ross mit eiserner Ruhe seine Kommandos gegeben haben. Als einzige Chance, den Untergang zu vermeiden, hatte Ross ein kompliziertes Manöver erkannt, das darauf hinauslief, den Kanal rückwärts zu befahren – im Sturm mit einem halb zerstörten Rahsegler. Eine unglaubliche seemännische Leistung. Nach 2 Tagen waren beide Schiffe soweit wieder hergestellt, dass sie die Fahrt zu den Falklandinseln fortsetzen konnten, um dort zu überwintern.
Im folgenden Südsommer machte Ross einen erneuten Vorstoß in die Antarktis. Ende 1842 verließ er die Falklands, um dieses Mal im Weddellmeer eine möglichst hohe Breite zu erreichen. Die Eislage war aber gegen die Expedition: Der Polarkreis wurde erst am 01. März 1843 gequert, konnte aber nur 71°30’S erreichen und blieb damit hinter der Position von Weddell (1823) zurück. Letztlich konnte Ross auf dieser dritten und letzten Antarktis-Reise nicht mehr an seine früheren Erfolge anknüpfen. Die erste Reise wurde aber später als „the greatest voyage of Antarctic discovery ever made“ bezeichnet, als „die größte jemals gemachte Entdeckungsreise in der Antarktis“. Ross wurde mit allen möglichen Ehrungen überhäuft und zählt bis heute zu den größten Polar-Entdeckern überhaupt, in einer Liga mit Nansen, Amundsen und Scott. Man trug ihm auch die Leitung einer Expedition in die Nordwestpassage an, aber er lehnte ab. Stattdessen übernahm John Franklin das Kommando über Ross‘ alte Schiffe Erebus und Terror, um damit 1845 in Nordkanada zu verschwinden. In der Folge richtete sich das allgemeine Interesse auf diesen Teil der Arktis, wo man über viele Jahre versuchte, Franklins Schiffe zu finden. Die Antarktis geriet darüber für Jahrzehnte in den Hintergrund.
Der Ross-Eisschelf im Rossmeer: Beide sind nach James Clark Ross benannt. Den Eisschelf beschrieb Ross als „eine Wand wie die Klippen von Dover“.
Letzte Änderung: 17. November 2014 ·
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