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HomeLan­des­kun­de – Rei­se­infoAnt­ark­tis Geschich­te → Scott: Die Dis­co­very Expe­di­ti­on

Antarktis-Geschichte 3: die heroische Ära

Robert Fal­con Scott: die Dis­co­very-Expe­di­ti­on (1901-04)

Nach dem auf dem Geo­gra­phen-Kon­gress 1895 in Lon­don erfolg­ten Auf­ruf, sich nun der Erfor­schung der Ant­ark­tis zuzu­wen­den, reagier­te zunächst der Bel­gi­er Adri­en de Ger­la­che mit der Bel­gi­ca-Expe­di­ti­on (1897-99). Gleich­zei­tig began­nen meh­re­re ande­re Län­der, ihre Expe­di­tio­nen vor­zu­be­rei­ten. Eng­land als Gast­land des für die Ant­ark­tis-For­schung so wich­ti­gen Geo­gra­phen-Kon­gres­ses von 1895, mit dem ehr­gei­zi­gen Sir Cle­ments Robert Mark­ham als Prä­si­dent an der Spit­ze. Mark­ham, des­sen Kar­rie­re in der Roy­al Navy begon­nen hat­te, wähl­te einen jun­gen, noch unbe­kann­ten aber talen­tier­ten Mari­ne-Offi­zier zur Vor­be­rei­tung und Lei­tung der Expe­di­ti­on aus: Robert Fal­con Scott.

Robert Fal­con Scott, Orga­ni­sa­tor und Lei­ter der bri­ti­schen Dis­co­very-Expe­di­ti­on (1901-04).

Robert Falcon Scott

Scott stand vor der gewal­ti­gen Auf­ga­be, inner­halb von recht kur­zer Zeit eine Expe­di­ti­on in die damals noch weit­ge­hend unbe­kann­te Ant­ark­tis zu orga­ni­sie­ren. Er selbst war zu Beginn sei­ner Arbeit weder mit der Ant­ark­tis noch mit Expe­di­tio­nen dort­hin ver­traut. Vor die­sem Hin­ter­grund und dem Ergeb­nis der letzt­lich sehr erfolg­rei­chen Expe­di­ti­on ist sei­ne Leis­tung zu sehen, die oft in Grund und Boden kri­ti­siert wur­de, tat­säch­lich aber äußerst beein­dru­ckend ist.

Offi­zi­ell hieß das Unter­neh­men Natio­nal Ant­ar­c­tic Expe­di­ti­on, aber wie üblich, blieb sie in der öffent­li­chen Erin­ne­rung mit dem Namen des Schif­fes ver­bun­den und wird heu­te meis­tens als Dis­co­very Expe­di­ti­on bezeich­net.

Scotts Schiff Discovery

Scotts ers­tes Ant­ark­tis-Schiff Dis­co­very am Ross Eis­schelf.

Bei der Vor­be­rei­tung muss­te Scott sich zunächst in kür­zes­ter Zeit in die Mate­rie ein­ar­bei­ten, ein Schiff besor­gen und aus­stat­ten, eine Mann­schaft auf­stel­len und ein Pro­gramm aus­ar­bei­ten. Seit James Clark Ross‚ 60 Jah­re zurück­lie­gen­der Expe­di­ti­on hat­te kein offi­zi­el­les bri­ti­sches Schiff mehr die Ant­ark­tis besucht; die zu jener Zeit akti­ven und erfah­re­nen Rob­ben­fän­ger wur­den als Rat­ge­ber für ein Unter­neh­men, hin­ter dem die Roy­al Geo­gra­phi­cal Socie­ty und die Roy­al Navy stan­den, wohl kaum in Erwä­gung gezo­gen.

Zu den Schwie­rig­kei­ten, mit denen Scott bei den Vor­be­rei­tun­gen zu kämp­fen hat­te, gehör­ten Strei­tig­kei­ten, in denen sich gesell­schaft­li­che Ten­den­zen im vic­to­ria­ni­schen Eng­land mit eini­ger Wucht spie­gel­ten: Soll­te die Lei­tung in der Hand eines Mari­ne­of­fi­ziers (Scott) oder in der eines Wis­sen­schaft­lers (der Geo­lo­ge John Wal­ter Gre­go­ry) lie­gen? Bei­de hat­ten mäch­ti­ge Unter­stüt­zer und gin­gen so weit, mit Rück­tritt zu dro­hen. Letzt­lich setz­te Scott sich durch, und Gre­go­ry zog sich zurück.

Die Befürch­tung, dass der wis­sen­schaft­li­che Wert der Unter­neh­mung durch die Lei­tung eines Offi­ziers der Roy­al Navy nicht aus­rei­chend geför­dert wür­de, erwies sich ohne­hin als nicht zutref­fend: Auch ohne eige­ne wis­sen­schaft­li­che Aus­bil­dung fand Scott nicht nur per­sön­li­ches Inter­es­se an allen wis­sen­schaft­li­chen Gebie­ten und erwies sich als schnell ler­nen­der, anre­gen­der Dis­kus­si­ons­part­ner für die betei­lig­ten Wis­sen­schaft­ler, son­dern tat auch alles, um die­sen ihre Arbeit zu ermög­li­chen. Spä­ter wur­den die wis­sen­schaft­li­chen Arbei­ten aller­dings teil­wei­se kri­ti­siert, vor allem die meteo­ro­lo­gi­schen Daten wur­den als qua­li­ta­tiv nicht voll­wer­tig gebrand­markt.

Scott hat­te eine Mann­schaft zusam­men­ge­stellt, in der sich etli­che Män­ner befan­den, deren Namen in der Geschich­te der Polar­ex­pe­di­tio­nen für immer ver­ewigt sind, dar­un­ter:

  • Ernest Shack­le­ton von der Han­dels­ma­ri­ne, drit­ter Offi­zier der Dis­co­very.
  • Albert Armi­ta­ge, der mit Fre­de­rick Jack­son 1894-97 Erfah­rung in Franz Josef Land gesam­melt hat­te, war stell­ver­tre­ten­der Lei­ter.
  • Wie Armi­ta­ge, war auch Regi­nald Koett­litz (Zoo­lo­ge) mit Jack­son in Franz Josef Land gewe­sen.
  • Frank Wild, der spä­ter vor allem als Shack­le­tons rech­te Hand bekannt wur­de, nahm als See­mann teil und mach­te ins­ge­samt bei 5 Ant­ark­tis-Expe­di­tio­nen der heroi­schen Zeit mit (Scott/Dis­co­very, Shackleton/Nim­rod, Mawson/Auro­ra, Shackleton/Endu­rance, Shackleton/Quest). Müt­ter­li­cher­seits direk­ter Nach­fah­re von James Cook.
  • Tho­mas Cre­an (Matro­se, „the Irish giant“), der spä­ter noch an meh­re­ren Ant­ark­tis-Expe­di­tio­nen (Scott/Ter­ra Nova, Shackleton/Endu­rance) teil­nahm und dabei ent­schei­den­de Bei­trä­ge leis­te­te.
  • Edgar Evans (Mann­schaft), starb am 17. Febru­ar 1912 als ers­ter ins Scotts Grup­pe auf dem Rück­weg vom Süd­pol wäh­rend der Ter­ra Nova Expe­di­ti­on.
  • Edward Wil­son (Mann­schaft), starb im März 1912 zusam­men mit Scott auf dem Rück­weg vom Süd­pol wäh­rend der Ter­ra Nova Expe­di­ti­on.
  • Lou­is Ber­nac­chi hat­te mit Borchgre­vink am Kap Ada­re über­win­tert und war der ein­zi­ge Teil­neh­mer der Dis­co­very-Expe­di­ti­on mit vor­he­ri­ger Ant­ark­tis-Erfah­rung.

Schließ­lich konn­te die Expe­di­ti­on am 06. August 1901 able­gen und segel­te über Süd­afri­ka und Neu­see­land ins Ross­meer. Am 09. Janu­ar 1902 erreich­te die Dis­co­very Kap Ada­re, wo Borchgre­vink zuvor über­win­tert hat­te, und wei­ter zum Ross Eis­schelf. Nach ein paar Erkun­dungs­fahr­ten und den ers­ten Bal­lon-Auf­stie­gen in der Ant­ark­tis anker­te die Dis­co­very im McMur­do Sound in Win­ter Quarter’s Bay, das heu­te direkt vor der US-ame­ri­ka­ni­schen Sta­ti­on McMur­do Base liegt.

Winter Quarter's Bay, Hut Point

Win­ter Quarter’s Bay und dahin­ter Hut Point, wo Scotts Dis­co­very Hüt­te noch heu­te steht. Links dane­ben Vince’s Cross.

Direkt neben­an wur­de bei Hut Point eine Hüt­te gebaut, aber das ein­ge­fro­re­ne Schiff dien­te als pri­mä­re Basis und Wohn­ort. (Pan­ora­ma-Auf­nah­men von Scotts Hüt­te bei Hut Point).

Discovery Hut, Hut Point

Scotts Dis­co­very Hut bei Hut Point.

In den ver­blie­ben­den Som­mer­wo­chen sam­mel­te die Expe­di­ti­on ers­te Erfah­run­gen mit Über­land­rei­sen in der Ant­ark­tis, eine völ­lig neue Her­aus­for­de­rung auf einem Feld, auf dem noch nie­mand Erfah­rung gesam­melt hat­te. Spä­ter wur­de Scott ein Man­gel an Erfah­run­gen mit Ski und Hun­de­schlit­ten vor­ge­wor­fen, aber dem ist ent­ge­gen­zu­hal­ten, dass Scott allen in Fra­ge kom­men­den Trans­port­me­tho­den offen gegen­über­stand. Bal­lon, Hun­de­schlit­ten und Fort­be­we­gung zu Fuß mit und ohne Ski wur­den alle­samt getes­tet und so weit wie mög­lich ver­bes­sert. Im Sam­meln von Erfah­rung auf die­sem Gebiet bestand eine der Auf­ga­ben der Expe­di­ti­on. Auf einer der frü­hen Rei­sen stürz­te der See­mann Geor­ge Vin­ce am 11. März 1902 auf einem eis­be­deck­ten, stei­len Hang ab, er wur­de nie gefun­den.

Vince's Cross, Hut Point

Vince’s Cross bei Hut Point erin­nert an den im März 1902 abge­stürz­ten See­mann Geor­ge Vin­ce.

Wäh­rend des Win­ters wur­den Akti­vi­tä­ten in Sachen Wis­sen­schaft, Frei­zeit und Vor­be­rei­tun­gen des Som­mers so weit wie mög­lich bei­be­hal­ten. Zur guten Moral trug maß­geb­lich Shack­le­ton bei, der Thea­ter­auf­füh­run­gen orga­ni­sier­te und begann, eine Zei­tung her­aus­zu­ge­ben, die berühm­te South Polar Times.

Sobald Ende 1902 der Som­mer begann, wur­den die Rei­sen auf­ge­nom­men. Eine Grup­pe ent­deck­te am Cape Royds eine Kai­ser­pin­guin­ko­lo­nie, eine wei­te­re Grup­pe mach­te Erkun­dun­gen im west­lich gele­ge­nen Land, auf der ande­ren Sei­te des McMur­do Sound. Bei die­ser Grup­pe trat Skor­but auf, der aber geheilt wer­den konn­te.

Am 02. Novem­ber 1902 schließ­lich began­nen Scott, Wil­son und Shack­le­ton die Haupt­rei­se, einen Vor­stoß nach Süden, genannt „sou­thern jour­ney“. Unter gro­ßen Schwie­rig­kei­ten erreich­ten die drei am 30. Dezem­ber 1902 bei 82°17′S, noch auf dem Ross Eis­schelf, ihre süd­lichs­te Posi­ti­on. Der Rück­weg wur­de zur Stra­pa­ze, alle lit­ten unter Skor­but, vor allem Shack­le­ton. Nach 93 Tagen und ins­ge­samt 1540 Kilo­me­tern (ein­schließ­lich mehr­fach zurück­ge­leg­ter Stre­cken) erreich­ten Scott, Wil­son und Shack­le­ton am 03. Febru­ar 1903 mit Mühe und Not wie­der die Dis­co­very. Sie hat­ten einen neu­en Süd­re­kord auf­ge­stellt, einen Teil des Trans­ant­ark­ti­schen Gebir­ges ent­deckt und wich­ti­ge Erfah­run­gen mit Land­rei­sen in der Ant­ark­tis gemacht, wenn auch mit gro­ßen Schwie­rig­kei­ten. Ein Errei­chen des Pol­pla­teaus oder gar des Süd­pols war unter die­sen Umstän­den unmög­lich. Ob dar­in eine Leis­tung oder ein Ver­sa­gen lag, erreg­te spä­ter die Gemü­ter. Mei­ner Ansicht nach ist in die­ser Süd­rei­se eine gro­ße Leis­tung zu sehen, die man im Kon­text der Zeit betrach­ten muss, vor dem Hin­ter­grund man­geln­der Erfah­rung und voll­stän­dig feh­len­den Wis­sens über die Ver­hält­nis­se in der Ant­ark­tis fern­ab der Küs­te.

Observation Hill, McMurdo Sound, Ross Sea, Antarctica

Blick vom Obser­va­ti­on Hill bei McMur­do Base, nicht weit von Win­ter Quarter’s Bay und Hut Point, nach Süden über den Ross Eis­schelf.
Bild­mit­te rechts: die neu­see­län­di­sche Sta­ti­on Scott Base

Ursprüng­lich war die Heim­kehr der Dis­co­very aus der Ant­ark­tis für das Ende des Som­mers, also März oder April 1903, geplant gewe­sen. Das Schiff lag in Win­ter Quarter’s Bay aber noch fest im Eis und eine zwei­te Über­win­te­rung war unver­meid­bar, was zumin­dest Mark­ham wohl vor­aus­ge­se­hen hat­te. Ein wei­te­res Schiff, die Mor­ning, brach­te Nach­schub, und eini­ge Män­ner nah­men die Gele­gen­heit der Heim­rei­se wahr. Unfrei­wil­lig war Ernest Shack­le­ton dar­un­ter, des­sen Gesund­heit wäh­rend der Rei­se nach Süden stark gelit­ten hat­te. Spä­ter hielt sich hart­nä­ckig die Geschich­te, dass Scott Shack­le­ton gegen des­sen Wil­len heim­ge­schickt hat­te, eher aus Riva­li­tät denn aus Sor­ge um des­sen Gesund­heit. Die­se Geschich­te wur­de aber erst nach vie­len Jah­ren, als die übri­gen Betei­lig­ten tot waren, vom im Alter ver­bit­ter­ten Armi­ta­ge in die Welt gesetzt und war wohl erfun­den, um Scott in ein schlech­tes Licht zu set­zen.

Ende Okto­ber 1903 begann Scott eine zwei­te gro­ße Rei­se und stieg über die „Wes­tern Moun­ta­ins“, die Ber­ge west­lich des McMur­do Sound, bis zum Pla­teau auf. Bis zum 30. Novem­ber 1903 reis­te die Grup­pe nach Wes­ten. Scott und sei­ne Leu­te ent­deck­ten das Pol­pla­teau, also das wei­te Eis-Hoch­land, das den größ­ten Teil der Ant­ark­tis aus­macht, und waren als ers­te dort unter­wegs. Die Rück­rei­se geriet wie­der zur Stra­pa­ze und zum Glücks­spiel: Scott und Evans star­ben bei­na­he bei einem Sturz in eine Glet­scher­spal­te, und der Ver­lust der Navi­ga­ti­ons­ta­bel­len im Sturm im Sturm führ­te zum Ver­lust der Ori­en­tie­rung. Nur mit navi­ga­to­ri­schem Geschick und Dau­men­pei­lung gelang die Rück­rei­se. Die Rei­se­leis­tung wäh­rend die­ser Rei­se nach Wes­ten, wäh­rend der die Män­ner ihre Schlit­ten selbst zogen, war mit mehr als 14 Mei­len pro Tag deut­lich bes­ser als bei der Rei­se nach Süden im Som­mer zuvor, wäh­rend der Scott Hun­de ein­ge­setzt hat­te, was spä­ter dazu bei­trug, dass Scott dem Schlit­ten­zie­hen durch Män­ner gegen­über Hun­de­schlit­ten den Vor­zug gab. Dies wur­de ihm post­hum immer wie­der zum Vor­wurf gemacht. Letzt­lich hat­te er bei­des aus­pro­biert und sich auf die selbst gemach­ten Erfah­run­gen ver­las­sen, aller­dings hat­te er kei­nen wirk­lich erfah­re­nen Hun­de­schlit­ten­fah­rer auf sei­nen Expe­di­tio­nen dabei. Mög­li­cher­wei­se hät­te Scott dann ande­re Erfah­run­gen gemacht.

McMurdo Sound, Ross Sea, Antarktis

Blick über das Fest­eis im McMur­do Sound zu den „Wes­tern Moun­ta­ins“, dem Trans­ant­ark­ti­schen Gebir­ge.

Gleich­zei­tig hat­ten die auf der Dis­co­very ver­blie­be­nen Män­ner erfolg­reich meh­re­re ande­re klei­ne­re For­schungs­rei­sen gemacht.

Im Janu­ar 1904 kehr­te die Mor­ning zurück, zusam­men mit der Ter­ra Nova, um die Expe­di­ti­on abzu­ho­len, falls die Dis­co­very sich nicht aus dem Eis befrei­en konn­te. Mit viel Mühe und Glück gelang es gera­de noch recht­zei­tig, das Schiff Mit­te Febru­ar aus dem Eis zu holen und die Heim­rei­se anzu­tre­ten.

Scott wur­de zum Cap­tain beför­dert und erhielt zusam­men mit ande­ren Expe­di­ti­ons­mit­glie­dern öffent­li­che Aner­ken­nung und zahl­rei­che Ehrun­gen. Ins­ge­samt war die Dis­co­very-Expe­di­ti­on eine sehr erfolg­rei­che Unter­neh­mung gewe­sen.

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Letzte Änderung: 15. November 2014 · Copyright: Rolf Stange
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