Die Berichte von Drake, James Cook und anderen frühen Seefahrern von den großen Robbenkolonien auf abgelegenen Inseln im Südmeer wie Südgeorgien brachte Robbenfänger aus dem Norden dazu, den weiten Weg in den unbekannten Süden zu wagen. Zuvor hatten diese bereits im Norden gelernt, dass man mit dem vor allem in China begehrten Fell der Pelzrobben (Seebären) schnell zu viel Geld kommen konnte. Der erste Raubzug der Robbenfänger im Südozean soll 1764 auf den Falklandinseln stattgefunden haben, danach ging es schnell weiter zu allen Inseln rund um die Antarktis.
Seebären (auch als Pelzrobben bekannt) in Elsehul, Südgeorgien.
Die Robbenfänger brauchten nicht lange, um die Pelzrobbenkolonien auf einzelnen Inseln auszurotten, und so mussten sie auf der Suche nach neuen Fanggründen immer weiter vorstoßen. Es war nur logisch, dass sie dabei immer wieder fanden, was sie suchten: neue Inseln. Allerdings scheidet die Spreu der Robbenfänger sich vom Weizen der Entdecker dadurch, dass die Robbenfänger ihre geographischen Entdeckungen nicht veröffentlichten. Sie behielten ihre Tagebücher meist für sich und publizierten keine Karten; schlimmstenfalls fütterten sie das wissbegierige Publikum mit erfundenen Geschichten von unwahren Entdeckungen, um die Konkurrenz in die Irre zu führen. So kamen über Jahrzehnte Dutzende von „Geisterinseln“ auf die Karten, die auf dem Papier eine erstaunlich lange Existenz führten: Positionsbestimmungen waren ungenau, und der Nachweis der Nicht-Existenz einer Insel, deren genaue Lage unbekannt ist, war sehr zeitraubend. Niemand wollte eine Insel von der Karte radieren, die ein paar Dutzend Meilen abseits der eingezeichneten Stelle vielleicht doch existieren mochte; auch eine ungenau verzeichnete Insel mochte Kapitäne vor Gefahren warnen, Schiffbrüchigen ein rettendes Ufer bieten oder Robbenfänger zu neuen, ergiebigen Jagdgründen führen. Daher ließ man so manche Insel weit ins 20. Jahrhundert hinein auf der Karte, obwohl sie gar nicht existierte.
William Smith und Edward Bransfield
Aber natürlich existierten viele von Robbenfängern entdeckte Inseln nicht nur in deren Fantasie. Im Februar 1819 entdeckte William Smith die Südshetland Inseln. Smith behielt seine Entdeckung nicht für sich, so dass in den folgenden Jahren ein Massenansturm der Robbenfänger auf die Südshetlands einsetzte. Smith selbst wurde in der folgenden Saison von den Briten angeheuert, um eine Expedition unter dem Kommando von Edward Bransfield zu den neuen Inseln zu führen, damit diese vermessen werden sollten. In diese Zeit fällt wohl auch die erste Sichtung und die erste Landung auf der Antarktis (siehe entsprechender Abschnitt).
Der Seebär alias Pelzrobbe, das Ziel fast aller Begehrlichkeiten in der Antarktis ab 1819.
Klar ist, dass die Robbenfänger die zunächst unerschöpflich scheinenden Pelzrobbenbestände auf den Inseln rund um die Antarktis innerhalb von kurzer Zeit drastisch dezimierten. Bis in die letzten Buchten der abgelegensten Inseln stellten die Jäger den Robben nach und knüppelten sie zu hunderten und tausenden zusammen, um das wertvolle Fell möglichst unbeschädigt zu erbeuten. Selbst die scheinbar unerschöpflichen Bestände in Südgeorgien gaben dem jahrzehntelangen Druck nach, bis die Robben dort als praktisch ausgestorben galten. Bis zu 100.000 Felle wurden pro Raubzug erbeutet, insgesamt haben wohl über 3.000.000 Seebären auf Südgeorgien ihr Leben und ihr Fell gelassen, bis die Bestände im frühen 19. Jahrhundert stark dezimiert waren. Mittlerweile haben die Kolonien sich allerdings wieder prächtig erholt.
Mitunter wurden Robbenschläger auf Inseln abgesetzt und für eine Weile zurückgelassen, damit sie dort jagen konnten, während die übrige Mannschaft anderswo Beute machte. So gibt es sowohl in Südgeorgien als auch auf den Südshetland Inseln „Sealer caves“, also kleinere Höhlen, wo archäologische Funde darauf hindeuten, dass Seeleute dort für eine Weile Unterschlupf gesucht haben. Manchmal wurden dort Kessel zurückgelassen, in denen aus dem Speck der See-Elefanten Öl gekocht wurde, ein weiteres, wertvolles Produkt aus der Antarktis, das sich gut zu Geld machen ließ.
Robbenfängerhöhle (Sealer’s cave), Fortuna Bay, Südgeorgien.
John Biscoe
Viele Entdeckungen der Robbenfänger sind unbekannt, einige Reisen haben es aber zu Berühmtheit gebracht. Darunter ist die Fahrt von John Biscoe, einem englischen Marine-Offizier im Dienst der amerikanischen Enderby Brothers, die 1773 mit einer Ladung Tee im Hafen von Boston die „Boston Tea Party“ und damit letztlich den Unabhängigkeitskrieg losgetreten hatten. Mit seinen Schiffen Tula und Lively umsegelte Biscoe 1830-32 die Antarktis und entdeckte dabei das von ihm benannte Enderby-Land, der erste Küstenstreifen der östlichen Antarktis, der es somit auf die Landkarte schaffte. Als Biscoe mit der Tula Hobart auf Tasmanien erreichte, waren von seiner Besatzung 2 Männer an den Strapazen, Kälte und Skorbut gestorben. Neben Biscoe konnten nur noch 4 weitere Männer sich überhaupt auf den Beinen halten, die Lively war zeitweise verschollen. Dennoch setzte Biscoe die Fahrt fort, entdeckte Adelaide Island vor der Antarktischen Halbinsel und vollendete seine Umrundung der Antarktis.
Zu John Biscoes Entdeckungen von 1830-32 gehört Adelaide Island, südlich des Polarkreises vor der Antarktischen Halbinsel.
John Balleny
Wenig ist über den britischen Robbenjäger und Walfänger John Balleny bekannt, der 1839 mit der Eliza Scott und der Sabrina in Richtung Rossmeer fuhr und dort am 9. Februar die schroffen Inseln entdeckte, die seitdem seinen Namen tragen: die Balleny Islands.
Letzte Änderung: 12. Juni 2015 ·
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