Spitzbergen.de betritt mal wieder Neuland und in diesem Falle kein geografisches, sondern technisches. Seit Anfang Februar 2014 gibt es eine geniale Software, mit der ich Euch ein interaktives Panorama von Grytviken präsentieren kann. Ein virtueller Rundgang mit 7 Stationen inklusive interaktivem Gang durch die Kirche und einem interaktiven Museumsbesuch. Die ganze Tour besteht aus über 20 Panoramen. Weitere virtuelle Rundgänge dieser Art werden folgen, aber Grytviken hat nun die Ehre, als erstes so dargestellt zu werden.
Viel Spaß beim Schauen, wir freuen uns über Euer Feedback.
Panoramen Grytviken als virtueller Rundgang/Panoramatour
Die Karte unten links kann dazu verwendet werden, um die einzelnen Stationen gezielt anzuspringen. Man kann aber auch die gesamte Tour einfach automatisch durchlaufen lassen. Den Ton kann man über den Button oben rechts ausschalten. Die Pano-Tour funktioniert auch auf dem iPad und anderen vergleichbaren Tablets, wenn das Gerät genügend Prozessorpower hat und das Betriebssystem aktuell genug ist. Auf Desktop-Systemen kann es statt mit HTML5 auch via Flash angezeigt werden.
Und wem es gefällt, kann den Pano-Link gern weitergeben oder selbst verlinken 🙂
Im Folgenden weiterführende Informationen zu den einzelnen Stationen:
Friedhof
Der alte Friedhof liegt auf der Westseite der Bucht King Edward Cove. Die meisten Besucher gehen am Ufer unterhalb des Friedhofs an Land und beginnen hier ihren Rundgang. Auf dem Friedhof wurden Walfänger, vor allem norwegischer Herkunft, begraben, die bei ihrer gefährlichen Arbeit ums Leben kamen. Dort liegt aber auch „The Boss“, Ernest Shackleton, der am 05. Januar 1922 an Bord seines Schiffes Quest vor Anker in Grytviken einem Herzversagen erlag. Seine Gefährten wollten ihn nach England bringen und waren mit dem toten Shackleton an Bord schon unterwegs Richtung Heimat, aber seine Witwe entschied, dass Sir Ernest in Grytviken begraben werden sollte, nahe der Antarktis, der er sich voll und ganz verschrieben hatte. Somit kehrte die Quest um und Shackleton wurde ein paar Wochen nach seinem Tod in Grytviken begraben. Es ist eine schöne Tradition, dass Besucher Shackleton die Ehre erweisen und an seinem Grab anstoßen.
Vor ein paar Jahren wurde auch Shackletons treuer Gefährte Frank Wild in Grytviken beigesetzt, seine kleine Grabstätte liegt direkt neben der von seinem Freund und Boss.
Das Grab des Argentiniers Felix Artuso (gest. 26. April 1982) erinnert daran, dass Südgeorgien während des Falkland-Krieges alles andere als ein friedliches Naturparadies war. Tatsächlich fielen dort die ersten Schüsse.
Zwischen Ufer und Friedhof liegen Herden von See-Elefanten, man sieht Pelzrobben und oft die endemische Südgeorgien-Dampfschiffente. Und vielleicht kommt nun, da die Ratten um Grytviken ausgerottet sind, bald auch der ebenfalls endemische Südgeorgien-Riesenpiper wieder in die Gegend.
Slossarczyk Kreuz
Oberhalb des Friedhofs sind am Hang zwei Kreuze zu sehen. Das untere stammt vom November 1911 und erinnert an Walter Slossarczyk, dritter Offizier an Bord der Deutschland, des Expeditionsschiffes der zweiten deutschen Südpolar-Expedition unter Leitung von Wilhelm Filchner. Der noch nicht einmal 24 Jahre alte Slossarczyk war am Abend des 26. November 1911 zu einer kleinen Spazierfahrt mit dem Ruderboot aufgebrochen und kehrte nicht zurück. Das Ruderboot wurde am 29. November von einem Walfangdampfer in der Cumberland Bay treibend gefunden, nicht weit von Grytviken entfernt. Slossarczyk selbst wurde nicht gefunden. Was genau passiert ist, werden wir nie erfahren.
Das Gedächtniskreuz steht seitdem mit einer schönen Aussicht über die gesamte Bucht, King Edward Cove, oberhalb des Friedhofs.
Das zweite Kreuz, etwas weiter oben, ist argentinischer Herkunft und stammt aus den Tagen des Falkland-Krieges von 1982.
Petrel
Das alte Walfangschiff Petrel liegt gestrandet am Ufer. Man passiert es unweigerlich auf dem Weg vom Friedhof in die alte Walfangstation und zum Museum. Früher wurden von Dampfern wie diesem während der Fangsaison Tag für Tag Dutzende von großen Bartenwalen gefangen, heute zielt die rostige Harpune harmlos ins Land hinein.
Unterkunft
Auf der Rückseite der Walfangstation steht ein altes Gebäude, in dem früher Arbeiter wohnten. Larsen war schlau genug, es in gewissem Sicherheitsabstand von seiner Managervilla (heute Museum) bauen zu lassen. Heute wird es von Pinguinen bewacht. Unweit stehen die Anlagen, in denen das Walöl aufbereitet wurde.
Walfangstation
Grytviken ist die einzige der Walfangstationen Südgeorgiens, die Besucher sich heute aus der Nähe anschauen dürfen. Die übrigen sind geschlossen, wegen der Gefahren durch einstürzende Gebäude und Asbest ist ein Abstand von 200 Metern einzuhalten. Grytviken wurde als einzige Station umfassend aufgeräumt und von den gefährlichen Altlasten befreit.
Der Walfang, der ab 1904 von Grytviken ausging, zählt zur modernen Zeit: Die Walfänger waren mit Dampfschiffen und Sprengharpunen hochgerüstet und ließen den Walen wenig Chancen. In der Saison wurden Tag für Tag dutzende großer Bartenwale wie Blauwal, Finnwal, Seiwal, Buckelwal und Südlicher Glattwal harpuniert und in die Stationen geschleppt, die zeitweise am Rande ihrer Kapazität liefen. Die Walkörper wurden am Ufer auf eine Flensplattform gezogen und dort geflenst, also zerlegt, und anschließend zu Öl zerkocht. Bis zu mehrere hundert Arbeiter wohnten in Grytviken bis zur Aufgabe 1965. Grytviken war die erste Walfangstation Südgeorgiens und blieb von allen am längsten in Betrieb.
Kirche
Die Walfänger sollen gesagt haben: Beyond 40°S is no law, beyond 50°S is no God (Südlich von 40°S gibt es kein Gesetz, südlich von 50°S gibt es keinen Gott). Ganz haben sie aber selbst nicht daran geglaubt, denn in Grytviken steht auf 54° eine schöne Kirche, gebaut aus Holz, in skandinavischem Stil.
Die Walfangstationen wurden auf Zeit gebaut: Schon bei bei der Gründung 1904 wusste Initiator Carl Anton Larsen, dass die Walbestände dem Raubbau ohnehin nicht unbegrenzt standhalten würden und dass die Investition daher sowieso nicht von Dauer war. Aber ihre Kirche haben sie im Jahr 1913 schön und solide gebaut, sie ist immer noch in gutem Zustand und wird nach wie vor gelegentlich benutzt, etwa zu Weihnachten.
Die Bibliothek und der Shackleton-Gedächtnisraum
Im hinteren Bereich der Kirche gibt es zwei kleine Nebenräume: In einem befindet sich die alte Bibliothek, der Bestand an norwegischen Büchern ist nach wie vor vorhanden. Offensichtlich hat der alte Larsen bei seinen Walfängern Wert auf ein wenig Bildung und ein gewisses Maß an Moral und Anstand gelegt.
Vor der Bibliothek ist ein kleiner Flur, in dem Dutzende von Plaketten hängen, die Besucher über Jahrzehnte hinweg zu Ehren Shackletons zu dessen Grab gebracht haben. Diese Erinnerungsstücke werden traditionsgemäß anschließend in die Kirche gebracht, wo sie vor Wind und Wetter geschützt sind. Abgesehen davon wäre von dem Grab ansonsten mittlerweile auch kaum noch etwas zu sehen …
Sie können einen virtuellen Rundgang durch die Kirche machen, indem Sie auf die Marker in den Türen klicken.
Museum
Das heutige Museum war früher die Managervilla, wo seinerzeit Carl Anton Larsen wohnte. Larsen war Kapitän der Antarctic gewesen, des Expeditionsschiffes von Otto Nordenskjölds berühmter Antarktis-Expedition (1901-03). Während dieser Expedition hatte Larsen das Potenzial von Südgeorgien für den Walfang erkannt und in der Bucht Grytviken („Kochtopfbucht“, heute heißt die Bucht offiziell King Edward Cove) den am besten geschützten Naturhafen gefunden. Als energetischer Mann betrieb er ab August 1904 dort den Aufbau der Walfangstation, wohl wissend, dass der Raubbau nur wenige Jahrzehnte lang anhalten würde.
In einem kleinen Nebengebäude befindet sich zunächst eine originalgetreue Kopie der James Caird, also jenes berühmten Bootes, in dem Shackleton, Worsley, Crean, McNish, McCarthy und Vincent vom 24. April bis 10. Mai 1916 ihre 16-tägige Überfahrt von Elephant Island nach Südgeorgien gemacht haben. Grytviken-Besucher haben in aller Regel die Überfahrt gerade viel schneller und auf einem sehr viel größeren Schiff gemacht und für viele war es doch sicher unkomfortabel genug. Wenn man nun vor der James Caird steht, mag man kaum glauben, dass die Querung des Südozeans damit gelingen konnte. Dazu gehörten äußerstes nautisches Geschick, beeindruckendes Durchhaltevermögen und natürlich auch eine Menge Glück.
Das berühmte Walfangmuseum in Grytviken gehört definitiv zu den schönsten und interessantesten Museen nördlich des Südpols. Gegründet wurde das „South Georgia Whaling Museum“ 1992 von Nigel Bonner, lokale Legende und einst stellvertretender Direktor des British Antarctic Survey (BAS). Jahrelang wurde das Museum von Tim und Pauline Carr betreut, den berühmten Seglern und Abenteurern, die viele Jahre lang die einzigen menschlichen Langzeitbewohner Südgeorgiens waren. Die einzelnen Räume informieren zur Geschichte von Shackleton über die Walfänger bis hin zur wissenschaftlichen Erforschung Südgeorgiens, und natürlich gibt es auch eine Menge zur Natur der Insel.
Der Museumsladen erfreut sich immer großer Beliebtheit. Nicht nur, weil es auf einer langen Reise endlich mal eine Gelegenheit ist, Geld auszugeben, sondern auch, weil es dort wirklich viel Schönes gibt, von diversen T-Shirts etc. mit Südgeorgienmotiven bis hin zu Büchern und Landkarten. Und mit dem Einkauf tut man auch gleich ein gutes Werk und unterstützt den South Georgia Heritage Trust finanziell bei seinem Habitat Restauration Programm (mehr dazu siehe „Die Nebel der Zeit“).
Die gute Nachricht: der Eintritt ins Museum ist frei. Nur hinkommen muss man erst einmal.
Aus jedem Ausstellungsraum des Museums gibt es ein Panorama. Sie können einen virtuellen Rundgang von Raum zu Raum machen, indem Sie auf die Marker in den Türen klicken.
Wunderbar, einzigartig