Diese Reise hatte so gut angefangen, aber nun war das Glück uns nicht mehr hold. Nach einem stürmischen Tag von Ross Island Richtung Ross Eisschelf begann das südliche Rossmeer auf großer Fläche zuzufrieren. Wunderschön anzusehen, aber eine weitflächige, zähe Masse, die uns Geschwindigkeit und damit wertvolle Zeit kostete.
Den Ross Eisschelf am Rand der Bay of Whales erreichten wir am späten Abend des 04. März. Wobei »erreichten« relativ ist. In zwölf Meilen (22 Kilometern) Entfernung wurde deutlich, dass die weitere Fahrt in diese Richtung wenig Sinn hatte. Der Eisschelf war gerade mal im Fernglas erkennbar. Bei der einsetzenden Dunkelheit und einziehenden Wolken ließen wir notgedrungen auch die Hubschrauber an Deck stehen. Das überall um uns herum schnell zufrierende Meer, das aufziehende Wetter und die sichtlich knapper werdenden zeitlichen Reserven ließen keine andere Wahl als Abzug, nachdem wir dem Eisschelf einmal aus der Ferne zugewinkt hatten. Schade.
In den nächsten Tagen erlebten wir weitere Überraschungen mit dem Eis, das überall auf großer Fläche in kurzer Zeit entstand. Faszinierend und schön, aber leider auch hinderlich und zeitraubend.
Die beiden Tage, die am Ende wehtun sollten, waren der 6. und der 7. März. Unter Volldampf unterwegs Richtung Bellingshausen See und Peter I. Island, hätten wir sehr gerne ein Etmal (Entfernung innerhalb von 24 Stunden Fahrt), das war der Plan. Aber auch diese Tage verbrachten wir damit, langsam durch Eis zu kurven – völlig unerwartet, denn laut Eiskarten hätte hier weit und breit freies Wasser sein sollen. So waren wir am 7. März früh 20 Meilen weiter von Peter I. Island entfernt als 2 Tage früher zur selben Zeit. Zwei volle Tage verloren! Das war nicht gut.
Dann kamen wir immerhin recht gut voran, aber nicht schnell genug, um die verlorene Zeit wieder aufzuholen. Am 13. März bekamen wir in der Früh Peter I. Island in den Blick, wenn auch recht wolkenverhangen und stürmisch.
Schon zuvor war klar geworden, dass wir aus Zeitgründen notgedrungen gezwungen waren, von der Peter I. Insel aus direkt Kurs auf Ushuaia zu setzen. Selbst dabei durfte nun wettermäßig nicht allzu viel schief gehen, um rechtzeitig im Hafen zu sein. Die Fahrt zur antarktischen Halbinsel ließ sich beim besten Willen nun nicht mehr einbauen. Keine Frage, dass das zu Enttäuschung führte, wobei die Emotionen schon auch mal höher gingen. Ich kann nicht sagen, dass ich den Rest der Fahrt genossen hätte. Ich glaube nicht, dass ich das jemals schon mal so im Blog geschrieben habe, aber so war es nun mal.
Die Tage Richtung Tierra del Fuego verliefen überwiegend recht stürmisch. Vor allem in der Gegend ums Kap Hoorn, das wegen mäßiger Sicht nicht in den Blick kam, gab es ordentlich Rock’n’Roll.
Ushuaia erreichten wir schließlich gerade so pünktlich am Morgen des 18. März. Von hier an standen allerdings große Fragezeichen über allem weiteren: Aussteigen, Verabschieden, Heimreise – die anschließende, letzte Fahrt der Ortelius zur Antarktischen Halbinsel war ohnehin bereits abgesagt worden. Das Corona-Virus hat die Welt außerhalb der Antarktis nun fest im Griff, und was das für uns bedeutete, würde sich erst noch zeigen müssen.