Sa
4 Mrz
2017
Elf Tage. Das muss man sich klarmachen, was das heißt. Elf Tage sind vergangen, ohne dass wir Land betreten haben. Und das ist völlig normal!
Am 28. Februar (I) waren wir in der McMurdo Station, am 11. März haben wir die Argentine Islands vor der Antarktischen Halbinsel erreicht. Den 28.2. hatten wir wegen Datumgsgrenze zweimal, und weder am Ross Eisschelf noch bei der Peter I Insel gelang uns ein Landgang. Was wir gerne gemacht hätten, aber man muss bei diesen extremen Orten damit rechnen, dass eine Landung, per Hubschrauber oder Zodiac, nur unter wirklich guten Wetterbedingungen gelingt, und die sind dort nun einmal die Ausnahme und nicht die Regel. Von dem schönen Zodiacausflug abgesehen, waren wir also volle elf Tage auf dem Schiff. Und abgesehen von den beiden genannten, aber eben alles andere als zuverlässigen Landungen abgesehen, ist das völlig planmäßig! Das muss man sich klarmachen, das ergibt sich ganz einfach aus der Entfernung. Steht übrigens auch, etwas anders formuliert, in den Reisebeschreibungen.
Warum ich das so deutlich schreibe? Weil es eben schwierig ist, sich vorzustellen, was das heißt. Manche fühlen sich sehr wohl damit, etliche Tage zu verbringen, indem sie auf die Wellen schauen, in den Nebel und den gelegentlichen Eisbergen hinterher, darauf wartend, dass ab und ab vielleicht kurz der Rücken eines Wals auftaucht. Man geht zu Vorträgen oder ins abendliche Ortelius-Kino, trifft sich in der Bar und unterhält sich.
Andere fühlen sich weniger wohl damit, und denen werden diese Tage sehr lang. Da flüchtet man sich, bewusst oder unbewusst, in die Vorstellung, die Strecke sei in drei bis vier Tagen zurückgelegt, und es würde unterwegs mehr oder weniger tägliche Landgänge geben. Kein Land in der Nähe? Geschenkt!
Aber so ist es. Die eisige Küste der Westantarktis bleibt unerreichbar fern, ganz und gar unsichtbar. Natürlich wäre es spannend, einmal hinzufahren, aber dazu bräuchte man mehr Zeit und gute Seekarten. Ersteres haben wir nicht, zweiteres existiert nicht. Ja, und dann hat man nach drei bis vier Tagen gerade einmal ein Drittel geschafft, und das auch nur, weil weder Eis noch Wind an der Geschwindigkeit knabbern, was in diesen Breiten ja auch alles andere als selbstverständlich ist.
Galerie: Die große Überfahrt – 4. März 2017
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Die »antarktische Odyssey«, so denke ich von dieser langen Fahrt, trägt ihren Namen ein Stück weit zu recht. Sie ist auf weiten Strecken eine Hochseereise.
Also, freuen wir uns über den einen oder anderen Eisberg, über Victorias spannende Vorträge über die Antarktis-Entdecker und was das Team sonst so zu bieten hat – eine ganze Menge! – und erleben wir das surreale Gefühl, wenn die Welt tagelang auf eine kleine Blase zusammenschrumpft, die der Nebel um das Schiff herum schafft. Zweitausend Meilen. Mit der Geschwindigkeit eines ziemlich gemütlichen Radfahrers.