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Tages-Archiv: 4. Januar 2019 − News & Stories


Süd­ge­or­gi­ens Alba­tros­se lei­den wei­ter unter Fische­rei

Wer das Pri­vi­leg hat, Süd­ge­or­gi­en mit eige­nen Augen gese­hen zu haben, weiß, dass die Insel ein Tier­pa­ra­dies ist. Rob­ben, Pin­gui­ne und flie­gen­de See­vö­gel gibt es dort zu hun­dert­tau­sen­den, teil­wei­se in gewal­ti­gen Kolo­nien.

Und es hat gute Nach­rich­ten gege­ben zur Ent­wick­lung der Tier- und Umwelt Süd­ge­or­gi­ens. Zunächst wur­den bis 2014 die ab 1911 von nor­we­gi­schen Wal­fän­gern ein­ge­führ­ten Ren­tie­re aus­ge­rot­tet. Die Ren­tie­re waren dort mit bis zu 85 Exem­pla­ren pro Qua­drat­ki­lo­me­ter unter­wegs im Gegen­satz etwa zu 5/km2 auf Spitz­ber­gen. Mas­si­ve Schä­den an der öko­lo­gisch sehr wich­ti­gen Gras­ve­ge­ta­ti­on war die Fol­ge. Die Schä­den wur­den deut­lich, wenn man die von Ren­tie­ren besie­del­ten Tei­le Süd­ge­or­gi­ens mit ande­ren, ren­tier­frei­en Gegen­den auf der Insel ver­glich. Die Aus­rot­tungs­ak­ti­on, die teil­wei­se durch Ein­her­dung und Schlach­ten und teil­wei­se durch Abschuss im Gelän­de erfolg­te, wur­de dring­lich, weil der Rück­zug der Glet­scher es den Ren­tie­ren sonst abseh­bar ermög­licht hät­te, wei­te­re Tei­le Süd­ge­or­gi­ens zu besie­deln. Seit 2014 kann sich die Vege­ta­ti­on und damit auch die Vogel­welt auch dort erho­len, wo frü­her die Ren­tier­her­den durch das Tus­sock-Gras zogen.

Rentiere, Südgeorgien

Ein Anblick der Ver­gan­gen­heit: Ren­tie­re auf Süd­ge­or­gi­en (St. Andrews Bay, 2009).

Ein noch viel grö­ße­res und öko­lo­gisch bedeut­sa­me­res Pro­jekt war die Aus­rot­tung der Rat­ten. Die­se waren eben­falls mit den Wal­fän­gern nach Süd­ge­or­gi­en gekom­men und haben sich im 20. Jahr­hun­dert in wei­ten Tei­len der Insel aus­ge­brei­tet. Unter den boden­brü­ten­den Vögeln – und das sind prak­tisch alle Vögel, die dort brü­ten – haben die Rat­ten einen immensen Scha­den ange­rich­tet, indem sie Nes­ter geplün­dert haben. Sowohl Eier als auch Küken fie­len ihnen zum Opfer; selbst vor dem Nach­wuchs von Alba­tros­sen schreck­ten sie nicht zurück.

In einem mehr­jäh­ri­gen Kraft­akt hat der South Geor­gia Heri­ta­ge Trust Süd­ge­or­gi­en von Rat­ten befreit. Die Eva­lu­ie­rung ist noch nicht abge­schlos­sen, läuft aber bereits seit Jah­ren und bis­lang deu­tet alles dar­auf hin, dass das Pro­jekt erfolg­reich war. Das bedeu­tet einen gewal­ti­gen Schritt nach vorn für Süd­ge­or­gi­ens Vogel­welt. Fast aus­ge­rot­te­te Arten wie der Süd­ge­or­gi­en-Rie­sen­piper, die jahr­zehn­te­lang nur in klei­nen Popu­la­tio­nen auf vor­ge­la­ger­ten, rat­ten­frei­en Inseln über­lebt hat­ten, haben bereits wie­der wei­te Tei­le des süd­ge­or­gi­schen „Fest­lands“ besie­delt.

Die Erho­lung der Wal- und Rob­ben­be­stän­de nach der inten­si­ven Beja­gung der letz­ten Jahr­hun­der­te ist eine wei­te­re gute Nach­richt. See­bä­ren („Pelz­rob­ben“) tum­meln sich heu­te wie­der zu tau­sen­den an den Strän­den Süd­ge­or­gi­ens. Die Wale wer­den je nach Art noch Jahr­hun­der­te brau­chen, bis ihre Bestän­de wie­der vor­in­dus­tri­el­les Niveau errei­chen, aber die Ent­wick­lung ist immer­hin posi­tiv und für man­che Arten, etwa für Buckel­wa­le, sehr erfreu­lich.

Trotz all die­ser Erfol­ge ist bei wei­tem nicht alles im grü­nen Bereich. Seit vie­len Jah­ren sorgt der Bei­fang von See­vö­geln in der Fische­rei für einen Nie­der­gang vie­ler See­vo­gel­ar­ten, dar­un­ter iko­ni­sche Arten wie der Wan­der­al­ba­tros und des­sen nahe Ver­wand­te. Regio­nal hat es auch hier deut­li­che Ver­bes­se­run­gen gege­ben: So wur­de der unbe­ab­sich­tig­te Bei­fang von Vögeln in den Gewäs­sern um Süd­ge­or­gi­en durch gute Ver­wal­tung fast voll­stän­dig redu­ziert. Nur noch sel­ten gehen ein­zel­ne Exem­pla­re um Süd­ge­or­gi­en an den Lang­lei­nen an die Haken und ertrin­ken; für die Art­erhal­tung ist das kaum rele­vant.

Pro­ble­ma­tisch ist aber die weni­ger streng regu­lier­te und prak­tisch nicht über­wach­te, oft ille­ga­le Fische­rei auf hoher See, die kei­nem natio­na­len Recht unter­steht. Das ist wohl die Haupt­ur­sa­che dafür, dass meh­re­re Alba­tro­sar­ten auf Süd­ge­or­gi­en trotz stren­gem Schutz wei­ter­hin kräf­tig zurück­ge­hen, wie jün­ge­re Zäh­lun­gen bele­gen. Der Wan­der­al­ba­tros ist eine der bekann­tes­ten Cha­rak­ter­ar­ten für Süd­ge­or­gi­en, aber auch für Grau­kopf­al­ba­tros­se und Schwarz­brau­en­al­ba­tros­se gibt es dort Bestän­de von glo­ba­ler Bedeu­tung. Aber alle die­se Arten – und wahr­schein­lich auch ande­re – erlei­den wei­ter­hin emp­find­li­che Ver­lus­te. Dabei sind sie auf der IUCN-Lis­te der bedroh­ten Arten alle bereits mit ver­schie­de­nen Stu­fen der Gefähr­dung gelis­tet.

Wanderalbatros. Bird Island, Südgeorgien

Wan­der­al­ba­tros auf dem Nest auf Bird Island bei Süd­ge­or­gi­en.

Die Zahl der Wan­der­al­ba­tros­se ist von 2003/04 bis 2014/15 um 18 % zurück­ge­gan­gen, in abso­lu­ten Zah­len gespro­chen sind von 1553 zu Beginn die­ser Peri­ode regis­trier­ten Brut­paa­ren am Ende nur 1278 übrig gewe­sen. Die Ent­wick­lung der Schwarz­brau­en­al­ba­tros­se ist mit einem Rück­gang von 19 % sehr ähn­lich. Für die Grau­kopf­al­ba­tros­se steht es noch deut­lich dra­ma­ti­scher, hier liegt der Ver­lust gar bei dras­ti­schen 43 %.

Dabei setz­te der Rück­gang der Popu­la­tio­nen schon viel frü­her ein, auf jeden Fall seit den 1970 Jah­ren, als die For­schung begann, die Bestän­de zu über­wa­chen. Die heu­ti­gen Vor­kom­men der Alba­tros­se sind also nur noch ein Schat­ten der Kolo­nien, die es frü­her ein­mal gab, als Süd­ge­or­gi­en mit­samt dem umlie­gen­den Süd­oze­an tat­säch­lich noch unbe­rühr­te Wild­nis war. Pon­cet und ihre Co-Autoren gehen davon aus, dass trotz der regio­nal erfolg­rei­chen Regu­lie­rung nach wie vor Bei­fang in der Fische­rei die Haupt­be­dro­hung für die Alba­tros­se Süd­ge­or­gi­ens ist. Alba­tros­se legen auf ihren Wan­de­run­gen tau­sen­de von Mei­len zurück, ihre Streif­zü­ge kön­nen sie im Lau­fe ihres Lebens viel­fach rund um die Ant­ark­tis füh­ren. Regio­na­le Schutz­maß­nah­men wer­den daher kaum wirk­lich erfolg­reich sein kön­nen.

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