Mi
7 Feb
2018
Da hat das so langersehnte Land uns doch gleich noch mal einen Streich gespielt. Der Gesang des Windes um die Masten war uns schon so vertraut, dass ich die warme Koje früh am morgen gar nicht verlassen musste, um zu wissen, was Sache war. Wind, Wind, Wind. Wir hatten seit Mitternacht in der Bucht vor der Estancia Harberton vor Anker gelegen und uns natürlich auf einen ausgiebigen Ausflug an Land gefreut.
Aber – macht nichts, es gab ein Hintertürchen, dass sich sogar als die bessere Variante herausstellte. Wir sind erst mal nach Ushuaia gedampft, die letzten Meilen dieser Fahrt auf der Anne-Margaretha, den offiziellen Teil (Papierkram) erledigt, festen Boden unter den Schuhen (keine Gummistiefel) gespürt und uns einen gemütlichen Abend gemacht. Und am nächsten Tag haben wir uns in zwei Mietautos gesetzt und sind eben so nach Harberton getourt. Geht auch! Und es hatte den großen Vorteil, dass wir auf der gut 90 Kilometer langen Strecke natürlich nach Lust und Laune schöne Stops machen konnten. Die terrafueginisch-patagonische Landschaft, die kann wirklich etwas! Berge, weite Täler, moorige Feuchtgebiete, wilde Flüsse, und … Bäume! Ja, die gibt es auch noch. Hatten wir nach 3 Wochen auf See und in der Antarktis schon fast vergessen. Und was für welche! Windgepeitschte, zusammengekrümmte, knorrige, ehrfurchteinflößende Gewächse. Sehr beeindruckend, und tolle Fotomotive.
Ja, das macht alles sehr viel Appetit auf die in ein paar Wochen beginnende Patagonien-Reise! (Ceterum censeo: wir hätten da noch ein oder zwei Plätzchen).
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Auch Harberton selbst hat sich als durchaus sehenswerter Ort erwiesen. 1886 gegründet, ist Harberton die älteste Farm im argentinischen Teil von Tierra del Fuego. Der Gründer, Thomas Bridges, war eine illustre Figur. Erst Findelkind und später Missionar, lernte er Yamana (Yahgan), die Sprache der damaligen Bevölkerung von Tierra del Fuego. Ohne Bridges wüsste man viel weniger über die Sprache und Kultur dieser Menschen, er schrieb ein Wörterbuch (30.000 Wörter) mitsamt Grammatik der Yamana-Sprache. Die mühevolle Schafzucht hat man in Harberton Mitte der 1990er nach harten Wintern aufgegeben und konzentriert sich dort nun ausschließlich auf Touristen, so dass wir uns u.a. am »Casa de Te« (Teehaus) und an einer geführten, sehr informativen Tour über das schöne Gelände erfreuen konnten. Harberton ist eine Zeitmaschine, die den Besucher mit allen Sinnen in die frühe, anglikanisch-missionarisch geprägte Zeit zurückversetzt: Teehaus, englischer Garten, Gebäude im Kolonialstil, museale Reste der Landwirtschaft, ein alter, verwunschener Friedhof in einem Wäldchen auf einem Hügel, wo die Flechten von den Bäumen hängen. Blauer Himmel, weiße Wolken, grüne Hügel, blaues Wasser mit weißen Kronen auf den Wellen. Ein schöner Tag in schöner Landschaft.
Der nächste Tag würde »nur« noch Abschied und Abreise bringen, so dass der Kern der Reise und damit auch dieser Blog hiermit zu Ende gehen. Vor Ort haben wir das natürlich würdig zelebriert in einem von Ushuaias feinen Restaurants. Schön war’s! Der Abend, der Tag, die ganze Fahrt! Danke für das fröhliche Dabeisein beziehungsweise für das interessierte Mitlesen! In ein paar Wochen geht es in Patagonien weiter.