Gerade haben wieder drei tollkühne junge Männer ihr waghalsiges Unternehmen beendet, berichtet Foxnews. Zwei Chilenen und ein Spanier paddelten für elf Tage um einige der Südshetland-Inseln. Sie begannen mit ihrer Reise am 20. Januar in Punta Arenas. Mit Unterstützung der chilenischen Küstenwache überquerten die drei Abenteurer die immer wieder gefürchtete Drakepassage. So gefürchtet, weil sich hier, zwischen dem Antarktischen und dem Südamerikanischen Kontinent, das Südpolarmeer auf seiner ewigen Umrundung des Südkontinents hindurchquetscht. Die stetig vorbeirollenden Westwinde treiben die Wassermassen zusätzlich an und lassen an besonders wilden Tagen auch gestandene Seebären blaß werden.
Die drei Abenteurer kamen auf jeden Fall drei Tage später gut an der chilenischen Station Arturo-Prat auf der Greenwich-Insel an. Die Kayaks gepackt, und mit etwas Verspätung ging es am 28. Januar in das Inselgewirr des Archipels. Die starken Burschen legten 20-30 Kilometer pro Tag zurück. Sie erkundeten die Inselwelt und trafen auf unberührte, einzigartige Natur. Jedes Kayak beladen mit reichlich Ausrüstung und Technologie, als Versicherung gegen die Elemente. Ihre Route führte sie Wasserstraßen entlang, die kein Schiff wegen der vorherrschenden Untiefen befahren kann.
»Nach 22 Kilometern bogen wir in die McFarlane Straße ein und wurden von 35 Knoten Wind gestoppt. Wir suchten Schutz in Yankee Harbour und verbrachten dort die Folgetage. Am 31. Januar überquerten wir die McFarlane Straße bei schlechter Sicht und starker Strömung, erreichten aber Point Williams mit seiner herrlichen Umgebung. Der Folgetag ist immer noch windig. Trotz einer starken Dünung aus der Drake Passage wagen wir uns nach Barientos Island. Der nächste Tag bringt Nebel. Nur mit Hilfe des Kompasses erreichen wir nach Robert Island, wo die chilenische Schutzhütte Risopatron Unterschlupf bietet und wir ein Unwetter abwarten müssen. Auch der 3. Februar wird sportlich. Trotz tobender Sturzseen auf der kurzen Tagesetappe genießen wir die Basaltklippen, an denen wir vorbei kommen und auch eine Gruppe Orcas. Tags drauf schieben uns 25 Knoten Rückenwind, um Nelson Island zu erreichen. Die hohe Dünung erschöpft, aber wir gelangen glücklich an unser Tagesziel. Die Nelsoninsel wird auf der Südseite umrundet und wir nähern uns der Maxwell Bay. Am 6. Februar, kurz vor dem Ziel, werden wir noch einmal ordentlich von Wind und Wellen durchnässt. Es war der kälteste Tag der Expedition! Doch am Tag darauf wartet schon ein warmes Willkommen auf unserer Heimatstation, das Basis Frei.«
Dazu muß man wissen, die Südshetland-Inseln sind eine wetterausgesetzte Landmasse im Südpolarmeer. Zyklone, die durch die Drakepassage ziehen, schrammen hier oft noch vorbei, und die dabei aufgewühlte See trifft fast ungebremst auf die Inselkette. Touristen auf einer Südgeorgienreise bekommen nach einer schweren Überfahrt manchmal nur die Südshetland-Inseln als den antarktischen Teil ihrer Reise präsentiert und sind enttäuscht, nicht die „echte“ Antarktis gesehen zu haben. Dabei ist dieser Archipel wild und ebenso rauh wie der Kontinent selbst. Nur wenig Fläche ist eisfrei, der Rest liegt unter gewaltigen Gletschern begraben. Die nördliche Lage und die Nähe zum offenen Meer sind es, die tausende von Pinguinen und Robben hier rasten und nisten lassen. Arten wie Goldschopfpinguine und See-Elefanten sind hier noch eher anzutreffen als in südlicheren Regionen. Krabbenfresser, Weddelrobben und Seebären liegen oft am Strand. An einigen Stellen gibt es „Grün“. Der Grund sind Algenteppiche und an geschützten Stellen Moose und Flechten. Die Südshetland-Inseln sind vulkanischen Ursprungs. Gerade dort, wo die Kayaker unterwegs waren, recken sich oft steile Basaltklippen empor und geben der Landschaft, vor allem bei schlechtem Wetter, ein unheimliches Aussehen. So bizarr, wie die Klippen aus dem Wasser ragen, ist wohl auch der Meeresgrund an diesen Stellen beschaffen. Das bildet nicht nur lokale wilde Gezeitenkanäle, sondern auch hohe Brecher, wenn alte Sturmdünung auf die Küste trifft. Die Gletscher tragen das ihre zum lokalen Klima bei. Kalte, kräftige Winde pfeifen oft durch die schmalen Wasserstraßen zwischen den Inseln. So hatten auch die drei mit den lokalen Winden zu kämpfen und waren froh, nach fünf bis sechs Stunden harter Paddelei endlich an Land zu können.
Warum treibt es Leute immer wieder zu solchen superlativen Unternehmungen? Im Jahr 2000 waren schon einmal drei junge Männer hier unterwegs. Die Amerikaner umrundeten „nur“ Nelson Island, obwohl sie Livingston Island und Deception Island auf ihrem Plan hatten. Das Wetter zwang sie zur kürzeren Route. Zehn Jahre später plante die Neuseeländerin Hayley Shephard die Umrundung Südgeorgiens. Auch ihr machte das Wetter einen Strich durch die Rechnung. Allen gemein: das Naturerlebnis in einer menschenfeindlichen, abgelegenen Gegend, die trotz aller Kälte und Abgeschiedenheit unsagbar schön ist und mit reichlich Leben aufwartet. Das wußte auch Hayley, daher wollte sie vor allem auch Aufmerksamkeit für die Situation der Albatrosse des Südpolarmeeres erreichen.
Wilde Felsenküste der Fildes Halbinsel auf King George Island