Mo
12 Jan
2015
Es gehört zu diesem Polarfahrerleben, immer wieder an die gleichen Orte zurückzukehren. Natürlich gibt es die eine oder andere Stelle, an die der Wind einen nur einmal im Leben hinweht, andere Orte sind Routine, die meisten irgend etwas dazwischen. Auf manche freue ich mich jedes Mal, auf andere könnte ich – zugegeben – ab und an auch mal verzichten.
Zu letzteren gehört Deception Island. Die Insel hat ihren Namen („Betrug-Insel“) ja aus gutem beziehungsweise aus schlechtem Grund. Man muss sich ja nicht daran stören, dass dieser Grund gar nicht mehr so ganz genau bekannt ist. Jedenfalls fühlt man sich oft genug nach dem Besuch um die wertvolle Zeit betrogen. Aber jeder kennt diese Insel und fast jeder will sie unbedingt sehen.
Nicht heute. Schon die Anfahrt purer Antarktis-Genuss, eine leichte Brise unter greller Sonnne, der Ring der Caldera, aus der Deception Island besteht, in voller Breite voraus. Die Einfahrt ist ja so eine Sache für sich, mitten in die ohnehin schon schmale Wasserstraße hat die Natur wohl in einem Anfall schlechter Laune einen Felsen gesetzt, Raven Rock, der früher so manches Schiff mehr gekostet hat als nur einen Kratzer im Lack.
Die norwegischen Walfänger waren robuste Leute. Haben einfach eine Walfangstation in den schwarzen Sand gesetzt. Wer meint, in Deception Island wäre es weniger windig als draußen in der Bransfield Strait, sieht sich bald getäuscht (Deception!), und man möchte nicht wissen, wie es damals war, im eisigen Wind zu stehen, mit Natur-Sandstrahlgebläse im Dauerbetrieb, und bis Oberkante Unterlippe in Walblut und Tran zu stehen, den ganzen Tag lang.
Davon ist wenig übrig, genauso wenig wie von einer später folgenden Forschungsstation. Vulkanausbrüche haben mit Ascheregen und Schmelzwasserströmen daraus Trümmerhaufen gemacht.
An einem normalen, also windigen, kalten, grauen Tag ist man schnell durch und hinterher froh, wieder auf dem warmen Schiff zu sein. Aber in der Sonne kann man es aushalten. Ja natürlich, Natur ist bei jedem Wetter spannend und es gibt immer was zu sehen und tolle Fotos kann man immer machen, aber … nichts aber, bei Mistwetter macht es einfach wenig Freude hier. Heute aber fangen viele spannende Details den Blick und bereiten dem Fotografen Freude, die Kombination aus verfallenden Gebäuden, rostender Technik und antarktischer Natur mit vulkanischem Hintergrund ist einmalig-bizarr. Von buntem Vulkangestein über einsame Moosflecken und den alten Flugzeughangar (habe ewig gebraucht und die Kamera fast in der Asche verbuddelt, bis der ordentlich auf dem Sensor war) bis zu den alten Grabkreuzen (dito).
Wenn man nun bedenkt, dass der Besuch auf Halfmoon Island am frühen Morgen des gleichen Tages stattgefunden hat, kann man guten Gewissens sagen: der Tag hat’s in sich gehabt.