Australische, französische und japanische Forscher haben während eines gemeinsamen Projektes festgestellt, dass es doppelt so viele Adélie-Pinguine gibt wie ursprünglich angenommen. Sie beobachteten einen 5000 km langen Küstenstreifen im Bereich der Ostantarktis. Statt mit 3,6 Millionen Vögeln können sie nun mit fast 6 Millionen dieser Art in dem Gebiet rechnen. Hochgerechnet sind das 14-16 Millionen Adelie-Pinguine weltweit.
Diese neuen Zahlen haben auch Auswirkungen auf Berechnungen zur Tragfähigkeit der Krillfischerei, denn diese größere Anzahl von Pinguinen frisst geschätzt knapp 200.000 t Krill und 19.000 t Fisch allein während einer Brutsaison in der Ostantarktis. Die Daten wurden dank Satellitentechnik, individueller Besenderung und Kameraüberwachung über mehrere Jahre hinweg ermittelt.
Wind scheint der große, bislang übersehene Faktor beim Themenkomplex Klimaänderung zu sein. Nun werden Wissenschaftler verstärkt darauf aufmerksam, wie Wind sich ändert und was das für Auswirkungen auf die antarktischen Gletscher hat.
In jüngerer Vergangenheit hat man sich vor allem auf die Meeresströmungen konzentriert. Warme Wassermassen nagen die antarktischen Eisschelfe von unten an. Dies führt allein beim gewaltigen Totten Glacier in der Ostantarktis zu einem Verlust von 63 bis 80 Milliarden Tonnen Eis – pro Jahr! Das entspricht unvorstellbaren 63-80 Kubikkilometern, und zwar alleine vom Totten Glacier. Immerhin ist das der größte Gletscher, aber er ist nicht allein.
Das Szenario gewinnt an Schrecken, da die subglaziale Topographie (der Fels unter dem Eis) von der Küste ins Innere des Kontinents absinkt und nicht in die Höhe steigt, wie bei anderen Kontinenten. Dies liegt an der gewaltigen Eisauflast. Somit könnte Meerwasser, wenn es einmal den Eis-Fels-Kontakt an der Grenze zwischen (auf dem Wasser auftreibendem) Schelf und (auf dem Fels aufliegendem) Gletscher überwunden hat, sozusagen eine offene Tür einrennen: durch das Abwärtsgefälle ins Landesinnere hinein könnte sich der Prozess dann verstärken.
Nun kommt der Wind als weiterer Faktor hinzu, der die Sache grundsätzlich deutlich verkompliziert, im Ergebnis aber wahrscheinlich zu einem deutlich verstärkten Abschmelzen führen wird. Dies liegt daran, dass normalerweise eine relativ dünne, aber kalte Schicht Schmelzwasser oben auf der küstennahen Wassersäule im Südozean liegt. Das Schmelzwasser mischt sich wegen seines geringen Salzgehalts nur langsam mit dem Meerwasser, so dass es dazu neigt, eine dünne, aber recht stabile und scharf abgegrenzte Schicht zu bilden. Diese Schmelzwasserschicht bildet einen Puffer zwischen dem wärmeren Wasser in der Tiefe und der Atmosphäre sowie den Eisschelfen an der Oberfläche.
Starke Winde können nun diese Schmelzwasserschicht zerreißen, so dass wärmeres Wasser aus der Tiefe an die Oberfläche kommt und dort seinen wärmenden Einfluss durch Erwärmung der Luft oder Anschmelzen eines Eisschelfs von unten wirksam machen kann.
Man geht davon aus, dass hohe Windstärken in der Westwindzone, die den Südozean um die ganze Antarktis herum umfasst, in den kommenden Jahrzehnten deutlich häufiger werden. Damit werden wohl auch Witterungslagen zunehmen, die milde Wassermassen an die Oberfläche bringen. Dies sollte wiederum zu verstärktem Abschmelzen der Eisschelfe und der landbasierten Gletscher führen.
Robuste Modellierungen und Vorhersagen dieses hochkomplexen Systems erfordern aber noch viel Forschung und Rechenzeit auf äußerst leistungsfähigen Computern. Somit kommt man unterm Strich zu den wenig überraschenden Schlussfolgerungen: 1) nehmt den Klimawandel ernst und tut etwas dagegen. 2) „more research is needed …“
Tafeleisberg im Rossmeer: Sinnbild zerfallender Eisschelfe in der Antarktis.
Wenn man von einer „langsamen Erholung der Walpopulationen nach dem Walfang“ auf der Südhalbkugel spricht, dann liegt die Betonung je nach Art eher auf „langsam“ oder eher auf „Erholung“. Allen großen Walen wie Buckelwal, Glattwal und Blauwal ist gemeinsam, dass sie durch den industriellen Walfang im 20. Jahrhundert massivst gelitten haben. Die Bestände wurden von den ursprünglichen Größen auf kleine Bruchteile dezimiert. Dies kann als sicher angenommen werden, auch wenn die genaue Größe der Walpopulationen vor Beginn des Walfangs nicht bekannt ist, sondern nur geschätzt werden kann. Der intensive industrielle Walfang begann etwa 1890 und dauerte ungefähr bis 1970. Bis heute werden allerdings auf der Südhalbkugel Wale gejagt, insbesondere von japanischen Walfängern.
Mit dem heutigen Wissen über die Reproduktionsbiologie, Nahrungsgrundlagen etc. lässt sich modellieren, wie sich die Walbestände künftig entwickeln werden. Natürlich sind Modellrechnungen mit Unsicherheiten behaftet, wie auch bekanntermaßen Prognosen, die sich auf die Zukunft beziehen … trotzdem lassen sich einige Trends ableiten.
Buckelwal in der Gerlache Strait: Natürliches Populationsniveau bereits wieder um 2050?
Die Ergebnisse fallen für die unterschiedlichen Walarten deutlich unterschiedlich aus, wie australische Wissenschaftler ermittelt haben. Am besten stehen wohl die Buckelwale da, von denen vor dem Walfang wohl etwa 100.000 auf der Südhalbkugel gelebt haben mögen. Derzeit beträgt die Population zwar nur etwa ein Drittel davon, aber Buckelwalkühe bringen Jahr für Jahr ein Kalb zur Welt und können sich derzeit über eine solide Nahrungsgrundlage freuen. Mit einem Erreichen der natürlichen (prä-Walfang) Populationsgröße rechnen die australischen Wissenschaftler bereits um 2050.
Anders sieht es bei größeren Arten aus, die sich deutlich langsamer vermehren. So bringt der Südkaper nur alle 2-3 Jahre ein Kalb zur Welt, bei Blauwalen scheint es ebenso zu sein. Bei beiden Arten wird die Population bis 2100, also mehr als 100 Jahre nach Ende des intensiv-industriellen Walfangs, wohl nur die Hälfte der ursprünglichen Größe erreichen. Wenn überhaupt, denn Unsicherheitsfaktoren wie der Klimawandel und dessen Einflüsse auf das marine Nahrungsnetz sowie der immer noch nicht ganz beendete Walfang bleiben bestehen.
Australische Forscher berichten in der Zeitschrift PLOS ONE, dass es ihnen erstmals gelungen ist, das genaue Alter von Krill festzustellen. Wie vorher schon bei Hummern und Krebsen kann man das Alter nun auch bei Krill an den hellen und dunklen Ringen der Augenstiele festmachen. Bisher konnten Garnelen, die älter als zwei Jahre waren, nicht mehr durch ihre Größe altersbestimmt werden, da Umweltbedingungen und Nahrungszufuhr dafür verantwortlich waren, ob die Tiere wuchsen oder sogar schrumpften. Wenn man bestimmen kann, aus welchen Altersgruppen Krillschwärme zusammengesetzt sind und wie die Zusammensetzung früher aussah (auch in Formalin eingelegte Museumsexemplare konnten mit der Methode altersbestimmt werden), kann die Organisation CCAMLR (Kommission zur Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis) bessere Fangquoten festlegen, ohne die Nahrungsgrundlage von Walen, Pinguinen und Robben zu sehr zu beeinträchtigen.
In der Studie wurden Alter von 1 bis 5 Jahren für die Proben ermittelt, wobei es letztlich um die Methode ging und zunächst nicht um die Daten zum Alter von Krill.
Ein Überblick über die vergangenen Jahre der australischen Polarforschung kommt zu dem Schluß, dass eine Klimaveränderung auch Veränderungen in der Zusammensetzung, der Ausbreitung und dem Wachstum von pflanzlichem Plankton bewirken kann. Da dieses Phytoplankton Kohlendioxid aus der Luft bindet oder aber chemische Stoffe produziert, die zur Wolkenbildung beitragen, könnte eine Veränderung der Zusammensetzung und des Vorkommens dieser winzigen Meeresalgen einen großen Einfluß auf das zukünftige Klima nehmen. Gletscherschmelze und Seeeisausdünnung bevorteilen winzige geißeltragende Algen, während die Nahrungsgrundlage des Krills, die Kieselalgen, ihren optimalen Lebensraum einbüßen. Die Wissenschaftler sind sich noch nicht im klaren darüber, wie schnell und wie lange sich die pflanzlichen Planktonarten an ihre neuen Umweltbedingungen anpassen werden können.
Algen – hier terrestrische Algen auf Petermann Island – werden vom Klimawandel beeinflusst und beeinflussen ihn wiederum selbst.
Die beiden Fahrten Anfang 2018 mit der SY Anne-Margaretha sind weitgehend ausgebucht. Die letzten verfügbaren Gelegenheiten sind ein Platz in einer Damenkabine für die Fahrt in die Antarktis und eine Doppelkabine auf der Patagonien-Fahrt, die nach einer Stornierung wieder frei geworden ist. Interessenten können bei Fragen zu den Reisen gerne mit Rolf Stange oder für Vormerkung und Buchung direkt mit der Geographischen Reisegesellschaft Kontakt aufnehmen.
Mitten im Südpolarmeer liegt Südgeorgien. Die Inselwelt ist bekannt für ihren Reichtum an Seevögeln und Robben. Vier Pinguinarten sind hier zu Hause: Königspinguine, Eselspinguine, Kehlstreifpinguine (oft Zügelpinguin genannt) und Goldschopfpinguine („Makkaroni-Pinguine“).
Auf der kleinen Insel Bird Island im Nordwesten der Hauptinsel gibt es eine traditionelle Forschungsstation der Briten, deren Wissenschaftler vorrangig Seevögel und Robben studieren. In diesem Jahr publizierten sie all ihr Wissen zur Nahrungsaufnahme und zur Entwicklung der Populationen von Eselspinguinen und Goldschopfpinguinen, welches dort während der letzten 22 Jahre gesammelt wurde. Es ist ein interessanter Trend erkennbar: dem Generalisten Eselspinguin geht es als Art besser als dem Nahrungsspezialisten Goldschopfpinguin. Als Generalist hat erstere Art 26 verschiedene Beutearten auf seinem Speisezettel, während Goldschopfpinguine fast ausschließlich von Krill lebten. Die energiereichste Nahrung beider Arten ist der Antarktische Krill (Euphausia superba), der mit dem Rhythmus von Tag und Nacht in der Wassersäule wandert. Eselspinguine bevorzugen diesen zwar zu einem guten Teil auch, aber die Hälfte ihres Speiseplans besteht aus Fisch. Dabei spielt der wirtschaftlich bedeutende Bändereisfisch (Champsocephalus gunnari) die größte Rolle.
In den Meeren ist Nahrung nicht gleichmäßig verteilt, wie auf einer Wiese. Wassermassen sind komplex und Wasserfronten kommt eine große Bedeutung zu. Direkt nördlich von Südgeorgien liegt die Antarktische Konvergenzzone. Hier trifft kaltes, sauerstoffreiches Oberflächenwasser aus dem Süden auf warmes, sauerstoffarmes Oberflächenwasser aus dem Norden und sinkt unter dieses ab, bevor es seinen Weg nach Norden als Zwischenwasser fortsetzt. Solche Zonen gibt es überall auf der Welt, wo Meeresströmungen sich treffen. Hier vermischen sich die Wassermassen und es entsteht ein nahrungsreicher Korridor, wo kleinste Krebse Algen futtern und selber von Fischen und Vögeln gefressen werden. Im Südpolarmeer ist die Zone deswegen so auffällig und bedeutend für das Ökosystem, weil sie nicht durch Landmassen unterbrochen wird. Sie definiert auch die nördliche Grenze des Südpolarozeans. Je nach vorherrschenden Winden, winterlicher Eisausbreitung oder der Menge an großen Eisbergen die nach Norden unterwegs sind, wandert diese reiche Durchmischungszone weiter nach Norden oder Süden. Interessanterweise liegen ganz in der Nähe dieses produktiven Gürtels auch die faunenreichsten Subantarktischen Inseln.
Pinguine schwimmen unterschiedlich weit nach Nahrung. Die Energiebilanz muss stimmen, und die Energie des heimgebrachten Essens muss sowohl den Energieverbrauch auf dem Jagdausflug abdecken als auch die Zeit, die der Vogel an Land verbringt. Zur Brutsaison muss außerdem das Futter für den Nachwuchs mit eingerechnet werden. Stimmt die Bilanz, geht es der Population gut. Ändert die Beute ihren Aufenthaltsort aufgrund von Veränderungen ihres Lebensraumes (Wassertemperatur, Salzgehalt, Fischfang), müssen die Pinguine weiter schwimmen, um sie zu erreichen oder alternative Beute wird verschlungen. Die mitgebrachte Energie reicht dann unter Umständen nicht mehr für den Nachwuchs.
Beide Arten unterscheiden sich klar in der Weite der Nahrungssuche während der Brutsaison. Während die Eselspinguine mit ihren meist zwei Küken oft in Landnähe bleiben und nach einem Tag zum Nest zurückkehren, schwimmen die Goldschopfpinguine oft mehrere Tage eine Strecke von bis zu 150 Kilometern, um für sich und ihr einziges Küken Futter heranzuschaffen. Prinzipiell haben beide Arten den gleichen Speisezettel. Brüten sie aber gemeinsam, wie hier auf Bird Island, dann bevorzugt der Eselspinguin verschiedene Fischarten in Küstennähe und der Goldschopf Krebstiere an der Schelfkante.
Die Forscher der Studie schlussfolgern, dass über das Beobachten der Nahrungszusammensetzung von Eselspinguinen Änderungen in der Zusammensetzung von Lebensgemeinschaften des polaren, marinen Ökosystems möglich ist, da sie ihre Nahrung außerhalb der von der Fischereiindustrie beeinflußten Gebiete finden.
Die Forscher können auf einen kontinuierlichen Datensatz von 38 Jahren zurückblicken, beginnend mit der Saison 1978/79. Vorher gab es nur sporadische Zählungen. Während die Populationen von Adélie- und Eselspinguinen regelmäßigen Schwankungen unterliegen, sinkt die Zahl der Zügelpinguine relativ stetig. Allerdings sind auch die Adéliekolonien im Abnehmen begriffen. Den Eselspinguinen geht es über die Jahre gesehen relativ gut, ihre Zahl steigt – ein Trend, der auch an der Antarktischen Halbinsel beobachtet wurde. Die Forscher erklären das gefundene Muster mit einem regem Austausch nistender Vögel zwischen den einzelnen Kolonien des Archipels.
Derzeit werden die Adélie-, Zügel- und Eselspinguinpopulationen auf den Südorkneys auf je etwa 200.000, 600.000 bzw. 5000–10.000 Brutpaare geschätzt.
Da man heute davon ausgeht, dass eine Populationsgrößenveränderung ein guter Indikator für Veränderungen im Ökosystem darstellt, wird eine Reihe krillfressender Arten, darunter die Bürstenschwanzpinguine, genauer erforscht. Die Organisation CCAMLR (Kommission zur Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis) nutzt diese Daten, um das marine Ökosystem zu beobachten und Fangquoten für die Fischerei festzulegen.
Alle drei Arten brüten gemeinsam auf Signy Island, einer kleinen Insel der Südorkney-Inseln. Während der Bruterfolg bei allen Arten über die Jahre ähnlich gut oder schlecht ausfällt, gab es am Ende des beobachteten Zeitraums 42 % weniger Adéliepinguine und 68 % weniger Zügelpinguine. Im gleichen Zeitraum nahm die ursprünglich viel kleinere Eselspinguinpopulation um 255 % zu! Historische Daten belegen einen komplett anderen Trend zwischen 1947 und 1978: Die Zahlen der ersten beiden Arten stiegen hier enorm an.
Die Populationsentwicklung scheint laut Aussagen einiger Wissenschaftler mit dem regionalen Rückgang des Meereises und der Erwärmung der Region im Zusammenhang zu stehen. Doch ganz so einfach machen es sich die Forscher der vorliegenden Studie nicht. Denn eisliebende Adélies und eismeidende Zügelpinguine unterliegen demselben Rückgang. Die Überlebensrate der jungen Pinguine im ersten Winter, der Zugang zu Krillschwärmen und der zahlenmäßige Anstieg von Seebären (oft auch Pelzrobben genannt) und Walen als Nahrungskonkurrenten in der Region scheinen ebenfalls eine große Rolle zu spielen. Allein zwischen 1977 und 1994 stieg die Zahl der Seebären auf Signy Island um das zehnfache.
Um die Hintergründe für den Rückgang der einen Art und den Erfolg der anderen genauer zu verstehen, müssen die Wissenschaftler die Dynamik des Systems noch eingehender erforschen. Dabei sind ihre Langzeitdaten der letzten Jahrzehnte und die Daten aus anderen Fachbereichen ein wichtiger Modellbaustein.
Kehlstreifpinguine bei den Südorkney-Inseln.
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Im Nordwesten der Antarktischen Halbinsel liegen die Südshetland-Inseln. Hier häufen sich Forschungsstationen vieler Länder, weil einige der Inseln leicht erreichbar und zu geringen Teilen eisfrei sind. Auf diesen Inseln macht sich das wärmere Klima der letzten Jahrzehnte, was die gesamte Antarktische Halbinsel betrifft, besonders bemerkbar. Manch einer vergleicht das Sommerwetter der Südshetlands schon mit dem auf den Falkland-Inseln.
Die größte Insel in diesem Archipel ist King George Island, etwa 1000 km südlich von Kap Horn gelegen. Nur ein Zehntel der Insel ist frei von Eis und bietet ausreichend Raum für 24
Forschungsstationen und Schutzhütten von zwölf Nationen. Acht Stationen werden das ganze Jahr lang betrieben. Auch deutsche Forscher sind hier seit Jahren regelmäßig unterwegs. Auf King George Island tummeln sich vor allem viele Biologen. Die karge Pflanzenwelt wird beobachtet, Meer-Land-Nahrungsketten untersucht, marine Lebensräume studiert, aber nebenbei zählen die Forscher auch fleißig Vögel.
Polnische Forscher machen das schon seit fast 40 Jahren, seit ihre Station das erste Mal 1977 in Betrieb genommen wurde. 1981 wurde auf Ardley Island, einer kleinen Gezeiteninsel in der Maxwell Bay, zum ersten Mal ein Weißbürzelstrandläufer (Calidris fuscicollis) beobachtet, was allerdings nicht heißt, dass vor 1977 diese Art sich nie hierher verirrte, vorher gab es nur kein Beobachtungsprogramm. Seither tauchen im Sommer immer wieder kleine Gruppen oder einzelne Vögel in der Region auf. Über einen Beobachtungszeitraum von 30 Jahren konnten diese kleinen Watvögel zwölf Mal nachgewiesen werden. In acht Fällen waren die Frühsommer wärmer als gewöhnlich.
Weißbürzelstrandläufer sind, wie die bekannte Küstenseeschwalbe, Zugvögel der Superlative. Sie brüten in der arktischen Tundra Nordamerikas und ziehen innerhalb von einem Monat, fast ohne Pause, in großen Schwärmen, nach Süden. Bei Surinam biegen sie dann auf die Inlandroute ab und überqueren das brasilianische Amazonasgebiet, bevor sie im Oktober ihre Überwinterungsplätze in Argentinien und Chile erreichen. Die Rastlosesten unter ihnen fliegen weiter und überwintern in Feuerland oder auf den Falklandinseln. Warum einige Individuen sich für Inseln in den kalten antarktischen Gewässern, wie Südgeorgien, Südorkneys oder Südshetlands entscheiden verstehen die Forscher erst langsam.
Im Gegensatz zu anderen Regionen des Antarktischen Kontinents erfährt die Antarktische Halbinsel eine rasche, drastische Erwärmung. Messungen der durchschnittlichen Sommertemperaturen ergaben eine Erhöhung um zwei Grad, die Durchschnittstemperaturenfür den Winter liegen sogar 5-6 Grad höher als vor 50Jahren. Geringere Wintertemperaturen und das existierende Ozonloch sind dafür verantwortlich, dass die regelmäßig wiederkehrenden Westwind-Zyklone zwar weniger häufig, dafür aber um so stärker auftreten. Sie bringen warme, feuchte Meeresluft und ab und an eben auch gefiederte Irrgäste an die Küsten. Zusätzlich hat sich in den letzten vier Jahrzehnten die Saison mit Meereisbedeckung um etwa 90 Tage verkürzt. An der Antarktischen Halbinsel bildet sich das Meereis später und verschwindet zeitiger.
All das sind Vorraussetzungen für einen Faunen- und Florenwandel über die kommenden Jahrzehnte, speziell für die am nördlichsten gelegenen Ausläufer der Antarktis: die Südshetland-Inseln. Und so ist es kein Wunder, dass auch in diesem Januar, aufmerksame Guides und Touristen auf King George Island eine kleine GruppeWeißbürzelstrandläufer gesichtet hat. Einige wurden ruhig fressend im Schlamm eines kleinen Schmelzwassertümpels beobachtet. Andere pflegten ihr Gefieder und schienen keine Anzeichen von Nahrungsmangel aufzuweisen. (Stephen F. Bailey auf M/V Akademik Sergey Vavilov, in: IAATO-Newsletter)
Ein wunderbar runder Abschluss dieser Antarktis-Saison mit einer sehr aktiven Fahrt bis zum Südpolarkreis. Wir hatten Gruppen dabei, die sich auf Tauchen und Kajakfahren spezialisiert hatten, beide haben von ihren Unternehmungen äußerst beeindruckende Fotos mitgebracht. Ja, tauchen müsste man hier auch mal 🙂
Wettermäßig hatten wir mehrere wirklich schöne Antarktis-Spätsommertage dabei, und keine extrem schlechten Wetterlagen. Gestern gab es sogar einen fast komplett windstillen, sonnigen Tage in der Drake-Passage! Gut, in Deception Island hat der Wind uns recht schnell wieder an Bord zurückgepustet, und auf Detaille Island konnten wir nicht landen, die Kombination aus schlechter Sicht, Eis direkt vor allen denkbaren Landestellen und kräftigem Wind war einfach zuviel, aber die Zodiacfahrt rund um die Insel, südlich des antarktischen Polarkreises, war auch nicht von schlechten Eltern! Buckelwale noch und nöcher, so wie man sich das hier in der späten Saison vorstellt, und natürlich nicht mehr so viele Pinguine an Land wie etwa im Januar, aber immer noch mehr als reichlich für Herz und Seele, Auge und Kamera.
Antarktische Halbinsel bis zum Südpolarkreis – 21.-25 März 2017
Nach einer erstaunlich ruhigen Drake-Passage waren die Südshetland Inseln unser Einstieg in das Abenteuer Antarktis und zudem die einzige Gelegenheit, Kehlstreifpinguine zu sehen.
Sowie eine gute Gelegenheit, die Wetterwechsel der Antarktis zu erleben. Von null auf über 40 Knoten in weniger als einer halben Stunde, das muss man erst mal hinkriegen! Aus der Nachmittagslandung in Deception Island wurde somit sehr schnell eine kleine Kreuzfahrt mit dem Schiff.
Selbst 32 Tage Antarktis gehen einmal zu Ende. Der Abstecher zu den Südshetland Inseln ist der letzte Stop für uns, bevor es dann wieder in Richtung Zivilisation geht. Viel Zeit bleibt nicht mehr, aber es reicht noch für einen frühmorgendlichen Landgang. Das Wetter spielt mit, Glück gehabt, sonst hat man bei so einem kleinen Inselchen am Rande der Drake-Passage auch eher schlechte Karten.
Im Vergleich zu den letzten Tagen und Wochen kommt diese kleine Insel in den Südshetland Inseln uns vor wie ein tropischer Regenwald. Nun, beinahe. Immerhin hat sie grüne Flächen, und das ist etwas, was wir lange nicht mehr gesehen haben. Mit den Kehlstreifpinguinen können wir auch noch eine weitere Pinguinart zu unserer ziemlich langen Artenliste hinzufügen. Ein feiner Abschied von der Antarktis.
Noch einmal heißt es nun Geduld haben, gut zwei Tage auf See, bis Südamerika erreicht ist. Das Kap Hoorn lassen wir in größerer Entfernung und Dunkelheit links liegen, und dann laufen wir, von Delfinen begleitet, in den Beagle-Kanal ein. Hier heißt es, sich von der Hubschraubermannschaft, jeweils drei Piloten und Mechaniker, zu verabschieden, die nacheinandern in ihre Vögel steigen und für dieses Mal endgültig in der Ferne verschwinden, nicht ohne die Ortelius aus der Luft noch einmal zu grüßen.
Galerie – Südshetland Inseln bis Ushuaia – 15. März 2017
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Mit dem Abschiednehmen geht es am nächsten Morgen dann in großem Stil weiter. Der letzte Tag einer Reise ist nie ein Höhepunkt, Häfen bringen immer viel Hektik. Aber andererseits … wenn es schon fast schwerfällt, sich von einer Fahrt und ihren Menschen zu verabschieden, dann war es doch gut! 🙂
Ein paar viel zu kurze Stunden später sind wir schon wieder unterwegs. Hasta la vista, Antarktis!
Es tut gut, einmal keine lange Strecke zurücklegen zu müssen von einem Tag auf den nächsten. Einmal ungefähr dort aufzuwachen, wo man eingeschlafen ist. Das bringt ein wenig geographische Ruhe in diese Tage.
Und so wachen wir im Errera Channel auf, in unmittelbarer Nachbarschaft von Andvord Bay. Und stehen kurze Zeit darauf in einem kleinen Pinguinparadies. Eselspinguine, Eselspinguine, Eselspinguine. Nicht mehr zu tausenden wie im antarktischen Hochsommer, aber doch zu hunderten stehen sie auf Schnee und auf Steinen, ärgern sich wahrscheinlich über das kratzige Gefieder, das derzeit von alt auf neu wechselt, teilweise sehen sie jedenfalls etwas, nun ja, gerupft aus. Einige sind aber sehr neugierig und schauen mal vorbei, um sich die bunten Besucher einmal aus der Nähe anzusehen.
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Auch die Buckelwale, die im Errera Channel und den benachbarten Gewässern unterwegs sind, sind auf antarktischen Spätsommer programmiert. Wochen- und monatelang haben sie sich in den nährstoffreichen Gewässern vollgefuttert. Jetzt dümpeln sie faul an der Oberfläche herum und können kaum noch papp sagen. Auch für sie geht es bald wieder in wärmere Gewässer.
Die Antarktis von oben zu sehen ist ein Traum, den wir uns heute noch einmal erfüllen wollten. Was oft leichter gesagt als getan ist. Den ersten Versuch am frühen Morgen mussten wir ziemlich schnell abbrechen und haben dann einen guten Teil des Tages verbracht, eine Bucht zu finden, wo der Wind nicht mit 30-40 Knoten pfeift. Gar nicht so einfach.
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Trotzdem hat es dann hingehauen. Bei idealen Verhältnissen konnten alle noch einmal in die Hubschrauber steigen und sich Teile von Andvord Bay und Paradise Harbour von oben ansehen. Die Bilder (nach der Fahrt gibt es mehr und besser aufgelöste Fotos) sprechen sicher für sich!