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Jahres-Archiv: 2015 − News & Stories


Süd­po­lar­meer nimmt wie­der zuneh­mend mehr CO₂ auf

Seit 2002 hat das Süd­po­lar­meer zuneh­mend grö­ße­re Men­gen des kli­ma­schäd­li­chen Gases CO₂ aus der Atmo­sphä­re auf­ge­nom­men. Zu die­sem Ergeb­nis kom­men zwei Stu­di­en, die in den Fach­ma­ga­zi­nen Sci­ence und Geo­phy­si­cal Rese­arch Let­ters ver­öf­fent­licht wur­den.

Die Welt­mee­re gel­ten als wich­ti­ge CO₂-Sen­ke. Es wird geschätzt, dass sie bis jetzt ca. ein Vier­tel der von Men­schen emit­tier­ten Men­ge an CO₂ aus der Atmo­sphä­re auf­ge­nom­men und damit den Kli­ma­wan­del ent­schei­dend abge­mil­dert haben. Dabei ist der Süd­li­che Oze­an (gemeint ist hier: süd­lich des 35. Brei­ten­gra­des) beson­ders pro­duk­tiv. Obwohl er nur 26% der ozea­ni­schen Flä­che aus­macht, hat er schät­zungs­wei­se 40% zur CO₂-Sen­ke der Ozea­ne bei­getra­gen. In den 1990er Jah­ren hat­ten Mes­sun­gen nahe­ge­legt, dass die­se Auf­nah­me­fä­hig­keit des Mee­res rund um die Ant­ark­tis abnimmt. Befürch­tet wur­de unter ande­rem eine posi­ti­ve Rück­kopp­lung, näm­lich, dass aus­ge­rech­net die glo­ba­le Erwär­mung die­sen Effekt her­vor­ruft und sie sich damit selbst ver­stärkt.

Die nun ver­öf­fent­lich­ten Stu­di­en zei­gen anhand der Aus­wer­tung jah­re­lan­ger Mess­da­ten aus der Atmo­sphä­re und dem Ober­flä­chen­was­ser des Süd­po­lar­mee­res, dass die­ses sei­ne CO₂-Auf­nah­me­fä­hig­keit ab 2002 und bis min­des­tens 2012 wie­der wei­ter aus­ge­wei­tet hat. Aus wel­chen Grün­den, ist aller­dings noch unklar. Eine Ver­mu­tung ist, dass im Win­ter zuneh­mend Tie­fen­was­ser an die Ober­flä­che gelangt, das seit meh­re­ren hun­dert Jah­ren kei­nen Kon­takt mit der Atmo­sphä­re hat­te. Ob die erneu­te Stei­ge­rung der CO₂-Auf­nah­me sei­ner­seits mit der glo­ba­len Erwär­mung in Zusam­men­hang steht, ist nicht aus­zu­schlie­ßen. In die­sem Fall wäre der Effekt immer­hin begrü­ßens­wert.

Das Süd­po­lar­meer, eine wich­ti­ge CO-Sen­ke

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Quel­le: Ame­ri­can Geo­phy­si­cal Uni­on, Sci­ence

Ant­ark­tis-Pan­ora­ma: Kap Ada­re

Es gibt eine neue Pano-Tour aus der Ant­ark­tis, und zwar vom Kap Ada­re im Ross­meer. Kap Ada­re ist ein berühm­ter Ort in der Ant­ark­tis: 1895 Ort der ers­ten doku­men­tier­ten Anlan­dung auf dem letz­ten Kon­ti­nent über­haupt und 1899 Ort der ers­ten Über­win­te­rung auf dem Kon­ti­nent, wäh­rend der Expe­di­ti­on von Kars­ten Borchgre­vink. Die­se Geschich­ten sind im Lauf der vir­tu­el­len Tour kurz zusam­men­ge­fasst, wie auch der spä­te­re Besuch der Nord­grup­pe von Robert F. Scotts letz­ter Expe­di­ti­on. Die Pano-Tour doku­men­tiert die Hüt­ten die­ser ers­ten Über­win­te­rung und zeigt die schö­ne Land­schaft drum­her­um: Kap Ada­re liegt am nörd­li­chen Ende von Vic­to­ria Land, dem Nor­den­de des berühm­ten Trans­ant­ark­ti­schen Gebir­ges.

Zudem befin­det sich am Kap Ada­re die größ­te Kolo­nie Adé­lie­pin­gui­ne der Ant­ark­tis.

Anfang Febru­ar hat­te ich das Glück, einen sel­te­nen Schön­wet­ter­tag am Kap Ada­re ver­brin­gen zu kön­nen. Dabei ent­stan­den die Pan­ora­men, die jetzt zu einer schö­nen vir­tu­el­len Tour zusam­men­ge­fügt sind. Viel Spaß beim Anschau­en!

Pan­ora­ma-Tour vom Kap Ada­re: Ort der ers­ten Lan­dung und der ers­ten Über­win­te­rung in der Ant­ark­tis, Hei­mat hun­dert­tau­sen­der Adé­lie­pin­gui­ne.

Kap Adare Panorama-Tour

Süd­ge­or­gi­en: Haupt­pha­se des Habi­tat Res­to­ra­ti­on Pro­ject erfolg­reich abge­schlos­sen

Über das Habi­tat Res­to­ra­ti­on Pro­ject des South Geor­gia Heri­ta­ge Trust (SGHT) wur­de an die­ser Stel­le schon mehr­fach berich­tet (sie­he z.B. vor­her­ge­hen­de Nach­richt). Dabei han­delt es sich um die Her­ku­les­auf­ga­be, auf Süd­ge­or­gi­en die dort von Rob­ben- und Wal­fän­gern ein­ge­schlepp­ten Rat­ten aus­zu­rot­ten, um die Insel so wie­der als Brut­platz für Mil­lio­nen klei­ne­re See­vö­gel her­zu­stel­len.

Vor weni­gen Tagen konn­te der SGHT nun eine ent­schei­den­de Pres­se­mel­dung ver­öf­fent­li­chen: Die drit­te und letz­te Arbeits­pha­se ist nun erfolg­reich abge­schlos­sen! Am Mon­tag, 23. März 2015, wur­de die zumin­dest vor­läu­fig letz­te Ladung ver­gif­te­ter Rat­ten­kö­der von einem der Hub­schrau­ber von „Team Rat“ abge­wor­fen.

Bis der erfolg­rei­che Abschluss des Pro­jekts erklärt wer­den kann, ist aber noch viel Arbeit und viel Zeit von­nö­ten: der­zeit wer­den frü­her bear­bei­te­te Flä­chen über­prüft, um fest­zu­stel­len, ob nicht doch Rat­ten über­lebt haben. Wären nur ein Männ­chen und ein Weib­chen oder ein schwan­ge­res Weib­chen noch vor­han­den, könn­te die Popu­la­ti­on sich in kur­zer Zeit wie­der voll­stän­dig erho­len, so dass nur ein abso­lut voll­stän­di­ger Erfolg zählt. Die­sen sicher fest­zu­stel­len, wird Jah­re in Anspruch neh­men.

Noch ist „Team Rat“ in Süd­ge­or­gi­en vor Ort und kann bei Bedarf schnell ein­grei­fen.

Der SGHT und sei­ne Unter­stüt­zer haben mit die­sem Pro­jekt über vie­le Jah­re äußerst beein­dru­cken­de Arbeit geleis­tet und getan, was frü­her für unmög­lich gehal­ten wür­de. Im Inter­es­se von Mil­lio­nen von See­vö­geln, die wohl bald wie­der auf Süd­ge­or­gi­en brü­ten kön­nen, ist dem Habi­tat Res­to­ra­ti­on Pro­jekt vol­ler Erfolg zu wün­schen, und wir hof­fen, dem SGHT in ein paar Jah­ren, nach Abschluss aller Prü­fun­gen, zum voll­stän­di­gen Erfolg gra­tu­lie­ren zu kön­nen.

Die fort­lau­fen­de Arbeit kann wei­ter­hin mit Spen­den oder dem Kauf des Buches Die Nebel der Zeit geför­dert wer­den.

See­vö­gel vor Süd­ge­or­gi­en: Dank des Habi­tat Res­to­ra­ti­on Pro­ject wer­den vor allem die Popu­la­tio­nen der klei­ne­ren Arten dem­nächst wie­der kräf­tig wach­sen.

Seevögel vor Südgeorgien

Quel­le: South Geor­gia Heri­ta­ge Trust

Süd­ge­or­gi­en: Rat­ten­aus­rot­tung macht Fort­schrit­te

Hin­ter dem „Habi­tat Res­to­ra­ti­on Pro­ject“ des South Geor­gia Heri­ta­ge Trust (SGHT) ver­birgt sich bekann­ter­ma­ßen das hoch ambi­tio­nier­te Pro­jekt, Süd­ge­or­gi­en von der Rat­ten­pla­ge zu befrei­en. Seit Rob­ben­fän­ger die Insel im Süd­at­lan­tik im 19. Jahr­hun­dert heim­such­ten und dabei die Wan­der­rat­te ein­schlepp­ten, hat die­se sich fast über­all aus­ge­brei­tet: Eine Kata­stro­phe für Mil­lio­nen klei­ne­rer See­vö­gel, die im hohen Tus­sock-Gras oder in Erd­gän­gen brü­ten. Die Bestän­de wur­den schnell und dra­ma­tisch von den Rat­ten redu­ziert, die Gele­ge und Küken räu­bern. Grö­ße­ren Vögeln wie Wan­der­al­ba­tros­sen und Königs­pin­gui­nen und deren Nes­tern schei­nen die Rat­ten nur im Ein­zel­fall gefähr­lich zu wer­den.

Nach­dem ande­re, aller­dings deut­lich klei­ne­re sub­ant­ark­ti­sche Insel wie Camp­bell Island und Mac­qua­rie Island süd­lich von Neu­see­land erfolg­reich von Rat­ten und ande­ren ein­ge­schlepp­ten Tie­ren befreit wur­den, hat der SGHT beschlos­sen, das schein­bar Unmög­li­che zu ver­su­chen und die Rat­ten auf einer Insel von der Grö­ße Süd­ge­or­gi­ens aus­zu­rot­ten. Dabei hilft, dass die für Rat­ten unpas­sier­ba­ren Glet­scher die Insel in ver­schie­de­ne­re klei­ne­re Area­le unter­tei­len, die jeweils für sich bear­bei­tet wer­den kön­nen. Aller­dings drängt die Zeit: Die Glet­scher zie­hen sich kräf­tig zurück und wer­den in abseh­ba­rer Zeit pas­sier­ba­re Strän­de frei­ge­ben, so dass die klei­ne­re Gebie­te zu gro­ßen Flä­chen zusam­men­wach­sen, in denen die Aus­rot­tung der Rat­ten tech­nisch nicht mehr mög­lich wäre. Also heißt es: jetzt oder nie!

Das Ver­fah­ren, bei dem flä­chen­de­ckend Gift­kö­der aus Hub­schrau­bern abge­wor­fen wer­den, ist aus­ge­klü­gelt, grund­sätz­lich aber von den erwähn­ten ande­ren Inseln wie Camp­bell, Mac­qua­rie und ande­ren frü­he­ren Pro­jek­ten bekannt. Die dort invol­vier­ten Teams brin­gen nun ihr Wis­sen und ihre Erfah­rung in Süd­ge­or­gi­en ein. Bestimm­te Tech­ni­ken, Köder und die Wahl der rich­ti­gen Zeit zu Beginn des Win­ters, wenn vie­le See­vö­gel die Brut­plät­ze bereits wie­der ver­las­sen haben, sol­len sicher­stel­len, dass ande­re Tie­re nicht betrof­fen sind. Gerin­ge Ver­lus­te unter Arten wie Sku­as und Rie­sen­sturm­vö­geln sind nicht zu ver­mei­den, aber die Zah­len sind nied­rig und weit von einem bestands­ge­fähr­den­den Aus­maß ent­fernt.

Eine ers­te Test­pha­se auf einem klei­ne­ren Teil­ge­län­de ver­lief erfolg­reich, wie auch die ers­te von zwei Haupt­pha­sen, in denen grö­ße­re Gebie­te bear­bei­tet wer­den. Meh­re­re Hub­schrau­ber sind im Ein­satz, um die gro­ßen Flä­chen inner­halb der kur­zen Zeit, in der das Wet­ter Flü­ge zulässt, bear­bei­ten zu kön­nen. Die ers­te Haupt­pha­se konn­te trotz wid­ri­ger Wet­ter­be­din­gun­gen erfolg­reich abge­schlos­sen wer­den, nach­dem anhal­tend schlech­tes Wet­ter „Team Rat“ bereits zur Ver­zweif­lung getrie­ben hat­te.

Der Abschluss des Pro­jekts ist 2015 geplant. Noch sind Rat­ten auf gro­ßen Teil­flä­chen in Süd­ge­or­gi­en ver­brei­tet, und vie­le Flug­stun­den wer­den erfor­der­lich sein, um die Arbeit erfolg­reich zu been­den. Eine Kon­trol­le der sich schnell ver­meh­ren­den Rat­ten­po­pu­la­ti­on ist nicht mög­lich, son­dern nur Erfolg im Sinn einer tota­len Aus­rot­tung oder ein tota­ler Fehl­schlag. Über­lebt auch nur ein schwan­ge­res Weib­chen, war der gewal­ti­ge Auf­wand umsonst.

Ers­te Fun­de von Nes­tern von Vögeln inner­halb von Gebie­ten, in denen die­se wegen der Rat­ten jahr­zehn­te­lang nicht brü­ten, zei­gen, dass Erfolg mög­lich ist und dass der Auf­wand sich lohnt. Im Janu­ar wur­den Nes­ter von ende­mi­schen Süd­ge­or­gi­en-Rie­sen­pipern in vor­mals rat­ten­ver­seuch­ten Gebie­ten gesich­tet (sie­he Foto unten).

Nun hän­gen Wohl und Wehe am Wet­ter­gott und an der Finan­zie­rung: Die gewal­ti­ge Logis­tik, um das Team, die Aus­rüs­tung und meh­re­re Hub­schrau­ber nach Süd­ge­or­gi­en zu schaf­fen (dort sind sonst kei­ne Hub­schrau­ber sta­tio­niert), kos­tet Mil­lio­nen. Der SGHT freut sich über jede Spen­de (hier kli­cken, um zu spen­den).

Der Inha­ber die­ser Sei­te hat James McQuil­kens Buch The Mists of Time unter dem Titel Die Nebel der Zeit ins Deut­sche über­setzt. Der Ver­kauf die­ses Buches, das erzäh­lend die aben­teu­er­li­che Lebens­ge­schich­te des Wan­der­al­ba­tros­ses Cym­ba beschreibt, unter­stützt das Habi­tat Res­to­ra­ti­on Pro­ject des South Geor­gia Heri­ta­ge Trust, also die Aus­rot­tung der Rat­ten auf Süd­ge­or­gi­en. (hier kli­cken für mehr Infor­ma­tio­nen über Die Nebel der Zeit). 2014 brach­te der Ver­kauf des Buches genü­gend Mit­tel, um die Finan­zie­rung des Pro­jekts auf 2 Hekt­ar Flä­che zu sichern. Die Zahl der noch ver­blei­ben­den Hekt­ar ist noch viel grö­ßer, aber jeder Bei­trag zählt.

2014 finan­zier­te das Buch Die Nebel der Zeit die Aus­rot­tung der Rat­ten auf 2 Hekt­ar von Süd­ge­or­gi­en.

Die Nebel der Zeit: Unterstützung für Südgeorgien

Nest des Süd­ge­or­gi­en-Rie­sen­pipers in Schlie­per Bay. Wie auch sonst in wei­ten Tei­len von Süd­ge­or­gi­en, konn­ten dort über vie­le Jahr­zehn­te kei­ne klei­ne­ren Vögel brü­ten.

Nest des Südgeorgien-Riesenpipers

Quel­le: South Geor­gia Heri­ta­ge Trust

Scotts Hüt­te am Kap Evans (Ter­ra Nova Expe­di­ti­on): vir­tu­el­le Tour

Fotos und Rei­se­be­richt von der Ross­meer­fahrt im Janu­ar-Febru­ar 2015 mit der MV Ort­eli­us sind bereits online ein­zu­se­hen. Nun ist auch die ers­te Samm­lung von Pan­ora­ma­fo­tos ver­öf­fent­licht. Am Kap Evans ergab sich die sel­te­ne Gele­gen­heit, die Hüt­te von Scotts letz­ter Expe­di­ti­on (mit der Ter­ra Nova, 1910-1913) und Umge­bung aus­gie­big mit Pan­ora­ma­tech­nik zu foto­gra­fie­ren. Die Ergeb­nis­se sind nun auf die­ser Sei­te zu sehen (hier kli­cken). 10 Pan­ora­men, 8 davon in der Hüt­te auf­ge­nom­men, füh­ren durch alle Win­kel der Hüt­te und bie­ten Rund­um­bli­cke über Kap Evans und die Land­schaft drum­her­um: Mount Ere­bus und der inne­re McMur­do Sound, süd­lich von Kap Evans zuge­fro­ren. Hut Point Pen­in­su­la und die klei­nen Inseln wie Razor­back Island und Inac­ces­si­ble Island, bekannt aus Scotts Rei­se­be­richt, sind zu sehen, kur­ze Kom­men­ta­re erläu­tern die Bil­der. Vor allem aber führt eine vir­tu­el­le Tour den Besu­cher durch alle Tei­le der berühm­ten Hüt­te, von der Robert F. Scott zum Süd­pol auf­brach. Bekann­ter­ma­ßen starb er mit 4 Beglei­tern auf dem Rück­weg.

Neu­see­land

09.-10. Febru­ar 2015 – Nun liegt das Ende der Rei­se schon eine Woche zurück, einen letz­ten Blog-Bei­trag muss es aber noch geben, wir kön­nen die Ort­eli­us ja nicht bei Camp­bell Island zurück­las­sen.
 
 

Stewart Island

Am 09. Febru­ar erfreu­te der Anblick der sanft rol­len­den Hügel von Ste­wart Island, am zunächst am Hori­zont und dann lang­sam aber sicher näher rückend, die Augen aller, und das war wohl auch das Signal für die Alba­tros­se, sich gegen Mit­tag still­schwei­gend von uns zu ver­ab­schie­den. Übri­gens waren in den letz­ten Tagen auch noch Weiß­kap­pen­al­ba­tros­se dar­un­ter. Zuge­ge­ben, ich hat­te sie zunächst für juve­ni­le Camp­bell-Alba­tros­se gehal­ten. So was pas­siert. Aber nein, es waren voll aus­ge­wach­se­ne Ver­tre­ter einer Art, die ich noch nicht gese­hen oder zumin­dest noch nie bewusst wahr­ge­nom­men habe. Wun­der­bar!

Weißkappenalbatros

Das Ende einer gro­ßen Rei­se ist ja immer erstaun­lich pro­fan. Päs­se wer­den gestem­pelt (dau­er­te erstaun­lich lan­ge), Gepäck vom Schiff aufs Tro­cke­ne gebracht (ging halb­wegs schnell), Hän­de geschüt­telt (zuwe­nig Zeit), und dann gefühlt unend­lich vie­le schwe­re Lebens­mit­tel­kis­ten für die nächs­ten 32 Tage in den tie­fen Bauch des Schif­fes geschleppt (dau­er­te viel zu lan­ge). Momen­te der Ent­span­nung in einem Café, wel­ches der süd­lichs­te Außen­pos­ten sei­nes glo­bal bekann­ten Mut­ter­kon­zerns sein will, in Inver­car­gill (ein Nest) und in einer Knei­pe in Bluff (dage­gen ist Inver­car­gill eine Groß­stadt) mit den Kol­le­gen. Einen Tag spä­ter der Beginn einer ätzend lan­gen, aber lei­der unver­meid­li­chen Rei­he von Flü­gen, ein­mal halb um den Pla­ne­ten.

Unter­des­sen ist die Ort­eli­us schon wie­der unter­wegs, und nun, ein paar Tage spä­ter, ist sie auf gutem Weg ins Ross­meer. Camp­bell Island war auf dem Weg nach Süden freund­li­cher als ein paar Tage zuvor auf dem Weg nach Nor­den, soviel war schon zu hören. Nun bleibt nur, dem Schiff und allen an Bord die Dau­men zu drü­cken für eine gute, erleb­nis­rei­che Fahrt ins Ross­meer und dar­über hin­aus!

Ortelius, Bluff

Das war’s vor­erst mit mei­nem Ant­ark­tis-Rei­se­blog. Nicht lan­ge, dann geht es in der Ark­tis wei­ter. Vor­erst aber gibt es jetzt den Rei­se­be­richt und aus­führ­li­che Foto­ga­le­rien die­ser Ross­meer Fahrt, und natür­lich wer­den in den nächs­ten Wochen ein paar Ergeb­nis­se mei­ner pan­ora­ma-foto­gra­fi­schen Bemü­hun­gen sicht­bar wer­den, und ich sage: es wird sich loh­nen. Anfang 2013 hat­te die Polar-Pan­ora­ma­fo­to­gra­fie für mich im Ross­meer ihren etwas müh­sa­men Anfang genom­men, aber die 2 Jah­re habe ich gut genutzt. Also schaut rein. Nach der Fahrt ist vor der Fahrt.

Dan­ke fürs Lesen!

Rolf

Meer der Alba­tros­se und des Win­des

Falls die Über­schrift bekannt vor­kommt: Das soll so sein, das passt hier ein­fach zu gut. Unse­re früh­mor­gend­li­chen Annä­he­rungs­ver­su­che bei Camp­bell Island waren klar zum Schei­tern ver­ur­teilt, Wind­ge­schwin­dig­kei­ten von 40-50 Kno­ten lie­ßen es nicht ein­mal zu, sich mit dem Schiff mehr als nur kurz in Per­se­ver­ance Har­bour auf­zu­hal­ten, der ein­zi­gen rich­ti­gen Bucht dort, die vor See­gang schützt, den West­wind aber kana­li­siert und somit eher noch ver­stärkt. Es konn­te kei­ne Rede davon sein, Anker zu wer­fen oder gar die Zodiacs aufs Was­ser zu set­zen.

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Ange­sichts bereits etwa 30 win­di­gen Stun­den Auf­ent­halt bei Camp­bell Island, aus­lau­fen­der Zeit und einer wenig Erfolg ver­hei­ßen­den Wet­ter­vor­her­sa­ge war der Fall damit klar: Ab auf hohe See, Kurs auf Bluff, unse­ren Ziel­ha­fen in Neu­see­land. Camp­bell Island war uns ein­fach nicht ver­gönnt. Oder, wie eine Mit­rei­sen­de es so schön und tref­fend for­mu­lier­te (eige­ne Über­set­zung): eine Insel hat das Recht, ’nein‘ zu sagen.

Der Tag auf See war eini­ger­ma­ßen ach­ter­bahn­ar­tig, wenn man von Was­ser­stra­ße spre­chen kann, dann hat die­se Stra­ße eine Men­ge Schlag­lö­cher. Rocks on the Road. Aber wer hier wohnt, fährt auch nicht Auto oder Fahr­rad und geht schon gar nicht zu Fuß. Wer hier wohnt, wur­de von der Natur mit ele­gan­ten und hoch­aus­ge­klü­gel­ten Flü­geln aus­ge­stat­tet und hat über­haupt kein Pro­blem damit, gelas­sen zen­ti­me­ter­dicht über Wel­len hin­weg­zu­g­lei­ten, die ande­ren die Lust aufs Früh­stück ver­ge­hen las­sen. Mehr als ein Dut­zend rie­si­ger Königs­al­ba­tros­se kreist gemäch­lich um das Schiff her­um, um alle paar Minu­ten erneut dicht an den­je­ni­gen vor­bei­zu­g­lei­ten, die sich für das Schau­spiel begeis­tern und wie ange­schraubt an Deck ste­hen. Alle paar Minu­ten gehen Bli­cke und Kame­ras hoch, wenn die gro­ßen Köni­ge oder ihre etwas klei­ne­ren Ver­wand­ten (Unter­ta­nen?) auf ihren wei­ten Umlauf­bah­nen, schein­bar Kep­lers Geset­zen gehor­chend, an unse­rem klei­nen Pla­ne­ten name ns Ort­eli­us vor­bei­rau­schen.

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Für ein paar gol­de­ne Momen­te ist die­ses Ver­gnü­gen abends sogar vor der hin­ter einer tie­fen Wol­ken­bank ver­schwin­den­den Son­ne zu haben.

Insel der Alba­tros­se und des Win­des

Der Süd­oze­an – das hört sich so nach Süd­see an – das sind die brül­len­den Vier­zi­ger, die wil­den Fünf­zi­ger und die schrei­en­den Sech­zi­ger. Auf deutsch hört sich das wohl ziem­lich komisch an, man denkt da viel­leicht eher an einen etwas außer Kon­trol­le gera­ten­e­n­en Män­ner­ge­sangs­ver­ein als an die win­digs­ten Brei­ten­gra­de des Pla­ne­ten. Bei den roaring for­ties, den furious fif­ties und den screa­ming six­ties weiß man gleich Bescheid.

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Heu­te röh­ren die Vier­zi­ger wie die Hir­sche im herbst­li­chen Wald, das ist an sich schon ein Spek­ta­kel. Natür­lich konn­te so kei­ne Rede davon sein, ent­lang der wil­den Klip­pen von Camp­bell Island auf Zodiac­tour zu gehen, auf der Suche nach Gel­bau­gen- und Fel­sen­pin­gui­nen und den diver­sen Alba­tros­sen und See­lö­wen, die es hier so gibt, geschwei­ge denn, an Land zu gehen. Wie war das mit dem Berg und dem Pro­phe­ten … Alba­tros­se zu Dut­zen­den ums Schiff her­um, und gedul­di­ges War­ten wur­de über kurz oder lang auch mit dem Anblick eines vor­bei­plan­schen­den Gel­bau­gen­pin­gu­ins und eines über die Wel­len sprin­gen­den See­lö­wen belohnt. Habe ich jemals schon sovie­le der Gro­ßen Alba­tros­se auf einem Fleck gese­hen? Ich glau­be kaum. Zeit­wei­se über 20 der „Gro­ßen“, dar­un­ter ver­steht man Wan­der- und Königs­al­ba­tros­se. Wahr­schein­lich waren es alle­samt Köni­ge.

Gelbaugenpinguin

Kaum weni­ger inter­es­sant war der Blick auf den Wind­mes­ser. 40-50 Kno­ten, also 70-90 km/h, rei­chen eigent­lich völ­lig aus. Span­nend waren die Böen. Bis zu 84 Kno­ten wur­den beob­ach­tet, das sind gut 150 km/h. Wind­stär­ke 12 auf der berühm­ten Beau­fort-Ska­la fängt bei 64 Kno­ten an, dar­über hin­aus ist nichts mehr defi­niert. Ab 64 Kno­ten heißt das Orkan. Wie gesagt, 84.

Campbell Island

Hier drü­cken jetzt alle die gan­ze Nacht lang alle Dau­men, dass es bis mor­gen früh ein wenig ruhi­ger wird. Dann ste­hen wir näm­lich kurz nach Son­nen­auf­gang auf Camp­bell Island. Wäre doch noch etwas, so als Sah­ne auf dem Kuchen.

Alba­tros­brei­ten

04.-05. Febru­ar 2015 – Es war klar, dass es nicht ewig so schön ruhig blei­ben wür­de. Nun, beschwe­ren kön­nen wir uns nicht, der Wind kommt aus süd­li­cher bis süd­west­li­cher Rich­tung, so dass er uns nicht ver­lang­samt und somit kei­ne wert­vol­le Zeit kos­tet. Zeit ist immer ein Schlüs­sel­fak­tor auf einer sol­chen Rei­se. Aber man merkt jetzt doch, dass wir auf einem Schiff sind. Eini­ge sind begeis­tert von den gro­ßen Wel­len, ande­re weni­ger.

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Wer sich warm ein­packt und drau­ßen steht – das Ach­ter­deck auf Ebe­ne 4 ist mit Abstand der bes­te Platz, um Vögel zu sehen zu zu foto­gra­fie­ren, dort trifft man sich – bekommt eine Men­ge gebo­ten. Wir sind wie­der in den Alba­tros­brei­ten, den furious fif­ties, die ihrem Namen nun eine gewis­se Ehre machen. Bul­lers Alba­tros, Wan­der­al­ba­tros, Süd­li­cher Königs­al­ba­tros, Camp­bell-Alba­tros, Ruß­al­ba­tros, habe ich einen ver­ges­sen? Dazu diver­se Feensturm­vö­gel, die omni­prä­sen­ten Kap­sturm­vö­gel und ande­re, deren Namen ich auf deutsch gar nicht ken­ne: Soft-plu­ma­ged pet­rel, Mott­led pet­rel, She­ar­wa­ter … man bekommt hier eine Men­ge gebo­ten. Glück­lich, wer einen Feensturm­vo­gel (Pri­on) scharf aufs Bild bekommt.

Auf See

02.-03. Febru­ar 2015 – Einen Tag brau­chen wir, um das Pack­eis nörd­lich von Kap Ada­re zu durch­fah­ren, ins­ge­samt stellt sich das alles recht unpro­ble­ma­tisch her­aus. Wenn man das mit den 43 Tagen ver­gleicht, die die Ant­ar­c­tic 1895 brauch­te, um das Kap Ada­re von Nor­den zu ver­glei­chen … ich weiß der Ver­gleich ist unfair, Kapi­tän Kris­ten­sen hat­te kei­ne Eis­kar­ten, kei­nen Stahl­rumpf und kei­ne 3200 Kilo­watt im Maschi­nen­raum. Trotz­dem, man soll­te das im Kopf haben, um sich klar zu machen, in was für einer Umge­bung wir hier sind.

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Das Wet­ter meint es gut mit uns. Wind­still und son­nig ist es, eine Kreuz­fahrt im Süd­oze­an, man steht an Deck, lässt es sich gut gehen, in der Hand eine Tas­se, die Kame­ra über die Schul­ter hän­gend. So lässt es sich leben. Mal schau­en, wie lan­ge es so bleibt.

Kap Ada­re

Am Kap Ada­re wird aus der Ross­meer­küs­te die Küs­te der Ost­ant­ark­tis. Ein hoher Fels­rü­cken, der sich in den Süd­oze­an hin­aus­schiebt. Kein Wun­der, dass an einem sol­chen Hin­der­nis alle Win­de, Wol­ken und Treib­eis­fel­der der gesam­ten Umge­bung hän­gen­blei­ben, und davon gibt es ja eine gan­ze Men­ge.

Man muss also auf alles ein­ge­stellt sein, wenn es in die­se Rich­tung geht. Das Bes­te hof­fen, auf das Schlech­tes­te ein­ge­stellt sein, so haben es die Polar­fah­rer schon immer gemacht, jeden­falls die­je­ni­gen, die wuss­ten, wor­auf sie sich ein­lie­ßen, und dar­an hat sich bis heu­te nichts geän­dert.

Zuge­ge­ben, ich hat­te trotz­dem gro­ße Hoff­nun­gen an eine erfolg­rei­che Lan­dung, als das Kap Ada­re am Hori­zont auf­tauch­te. Einer der bekann­tes­ten Namen der Ant­ark­tis, geo­gra­phi­scher Tor­wäch­ter zum Ross­meer, am 11. Janu­ar 1841 von kei­nem gerin­ge­ren als James Clark Ross ent­deckt, und schon die­ser alte Hau­de­gen kam dort nicht an Land. (wie­der fin­det sich das eng­li­sche Ori­gi­nal im eng­li­schen Blog, sprach­lich lesens­wer­ter als mei­ne Über­set­zung) „ … mit auf­lan­di­gem Wind, und kräf­ti­ger Bran­dung an der Eis­kan­te, fan­den wir es ziem­lich unprak­ti­ka­bel.“ Aber die Land­schaft gefiel ihm: „Es ist ein bemer­kens­wer­ter Anblick hoher, dunk­ler, ver­mut­lich vul­ka­ni­scher Klip­pen, und bil­det einen star­ken Kon­trast zur übri­gen, schnee­be­deck­ten Küs­te. … Es war ein wun­der­bar kla­rer Abend, und wir hat­ten den bezau­bernds­ten Blick auf die zwei groß­ar­ti­gen Berg­ket­ten, deren luf­ti­ge Gip­fel, per­fekt mit ewi­gem Schnee bedeckt, bis in Höhen zwi­schen sie­ben und zehn­tau­se nd Metern über das Meer reich­ten. Die Glet­scher, wel­che die dazwi­schen­lie­gen­den Täler füll­ten, stie­ßen vie­ler­orts vie­le Mei­len ins Meer vor und ende­ten in hohen, senk­rech­ten Eis­wän­den. An eini­gen Stel­len tra­ten Fel­sen durch das Eis her­vor, und nur daher konn­ten wir sicher sein, dass Land den Kern die­ses, wie es schien, enor­men Eis­ber­ges bil­de­te.“

Kap Adare

Wie unglaub­lich war es, als sogar die leich­te Bri­se abflau­te, wäh­rend wir uns dem berühm­ten Kap näher­ten – und zwar unter einem makel­los blau­em Him­mel. Von den paar Leu­ten, die ich ken­ne und die dort schon ein­mal waren, wird das kei­ner glau­ben. Nur ein dich­ter Pack­eis­gür­tel noch zwi­schen der Ort­eli­us und der dunk­len Halb­in­sel, also wer­den die Hub­schrau­ber start­klar gemacht. Wenn der alte Ross das gese­hen hät­te!

Die Ufer am Kap Ada­re sind Steil­klip­pen, die eigent­li­che Lan­de­stel­le ist eine klei­ne, fla­che Halb­in­sel west­lich davon. Ein Drei­eck aus dunk­lem Kies, vul­ka­ni­scher Her­kunft und von der ewi­gen Bran­dung zu einer Serie von Strand­wäl­len auf­ge­schüt­tet, zwi­schen denen sich ganz typi­sche, klei­ne, läng­li­che Lagu­nen erstre­cken. Weiß­blau schim­mern­de Eis­ber­ge und dicht gedräng­te Treib­eis­schol­len auf blau­schwar­zem, stil­len Was­ser sind aus der Luft ein über­ir­disch schö­ner Anblick, und schon von oben waren die vie­len Pin­gui­ne erkenn­bar. Rid­ley Beach, so heißt die klei­ne Halb­in­sel, beher­bergt eine der größ­ten Kolo­nien der Adé­lie­pin­gui­ne der Ant­ark­tis, oder sogar die größ­te. Von 250.000 Brut­paa­ren ist die Rede, das sind weit über eine hal­be Mil­li­on Tie­re. Dafür fin­den wir bald erstaun­lich vie­le pin­guin­freie Fle­cken, viel­leicht liegt dort zuviel Schnee zu Beginn der Brut­sai­son. Ande­rer­seits haben sie stei­le Hän­ge bis in 300 m Höhe in Besitz genom­men. Erst­klas­si­ge, unver­bau­ba­re Sicht, aber der Wet­ter­schutz ..? Von den Mühen vor jeder ein­zel­nen Füt­te­rung der Küken gar nicht zu reden.

Men­schen ent­wi­ckeln in Groß­städ­ten komi­sche Ver­hal­tens­wei­sen. Pin­gui­ne auch. 1911 ver­brach­te einer von Scotts Bio­lo­gen den ant­ark­ti­schen Som­mer am Kap Ada­re und mach­te erstaun­li­che Beob­ach­tun­gen. Sei­ne Beschrei­bun­gen der „sexu­al habits of the Adé­lie pen­gu­in“ waren so bizarr, dass man sie zunächst gar nicht ver­öf­fent­li­chen woll­te. Erst hun­dert Jah­re spä­ter wur­de das kur­ze Papier aus­ge­bud­delt, anhand spä­te­rer Beob­ach­tun­gen für glaub­wür­dig befun­den und 2012 ver­öf­fent­licht (in Polar Record). Inter­es­san­ter Lese­stoff.

Adéliepinguine, Kap Adare

Am Kap Ada­re tobt nicht nur das Pin­gu­in­le­ben, hier haben auch ein­mal Men­schen für ein Jahr gelebt. Das war Cars­ten Borchgre­vinks Über­win­te­rung von 1899, zu zehnt haben sie in einer viel zu klei­nen Hüt­te gehockt, viel zu wenig Beschäf­ti­gung gehabt und sich gegen­sei­tig das Leben zur Höl­le gemacht. Aber sie waren die ers­ten, die auf ant­ark­ti­schem Land über­win­tert haben. Die Hüt­te steht noch, sie ist die ältes­te der Ant­ark­tis, eine Iko­ne der Polar­ge­schich­te, das ein­zi­ge Gebäu­de welt­weit, das für sich in Anspruch neh­men kann, das ers­te eines gan­zen Kon­ti­nents zu sein.

Hun­dert­tau­sen­de Pin­gui­ne, ant­ark­ti­sches Pan­ora­ma auf höchs­tem Niveau, die ältes­te Hüt­te des Kon­ti­nents – man darf glau­ben, dass die Stim­mung gut war, als nach einem lan­gen Nach­mit­tag alle wie­der an Bord waren. Eis und Glüh­wein auf dem Außen­deck zur Fei­er des Tages, Eis im Becher, Eis ums Schiff, über­all fun­kelt das schö­ne Eis in der Son­ne. Es ist unser letz­ter Tag in der Nähe der ant­ark­ti­schen Küs­te. Heu­te hat die Ant­ark­tis noch ein­mal gezeigt, wie schön sie sein kann, und dabei alle Regis­ter gezo­gen.

Borchgrevinks Hütte, Kap Adare

Ter­ra Nova Bay, Kap Hal­let

Eine Bucht und ein Kap in der Über­schrift – Ter­ra Nova Bay, Kap Hal­let – bei­de an der Küs­te des Vic­to­ria Lan­des im Ross­meer gele­gen, das deu­tet Span­nen­des an. Gro­ße Eis­berg­al­leen im Ross­meer, gewal­ti­ge Glet­scher, Pin­gui­ne und Schwert­wa­le qua­si garan­tiert, even­tu­ell auch eine Anlan­dung, viel­leicht auf Inex­pres­si­ble Island, wo Scotts Nord­grup­pe unge­wollt und dra­ma­tisch, aber letzt­lich erfolg­reich, über­win­tern muss­te? Zodia­caus­fahr­ten, Hub­schrau­ber­rund­flü­ge, unter der Mit­ter­nachts­son­ne, vorm Früh­stück, von früh bis spät?

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Ein sehr ent­spann­ter Tag soll­te es tat­säch­lich wer­den. Wie sich zeig­te, war die Küs­te über­all vie­le Mei­len weit von schwe­rem Pack­eis abge­sperrt. Alte, har­te, gro­ße Schol­len, unüber­wind­li­che Hin­der­nis­se. So blieb uns, bei tie­fen Wol­ken und stei­fer Bri­se, fern­ab der Küs­te das Gefühl, auf hoher See zu sein, mit­ten im Ross­meer, das ja auch nicht gera­de ein Teich ist. Nun, ein wenig Erho­lung von den lan­gen Tagen, die wir bis ges­tern hat­ten, kann nicht scha­den, und wir haben immer noch das Kap Ada­re vor uns, hof­fen wir dafür das Bes­te.

Kap Royds

Wir hat­ten ges­tern Abend noch einen Anlauf am Kap Royds gemacht, nur um fest­zu­stel­len, dass Back­door Bay, die dor­ti­ge Anlan­de­bucht, immer noch mit völ­lig unbrauch­ba­rem Eis gefüllt ist. Und somit wur­den heu­te zu frü­her Stun­de wie­der die Hub­schrau­ber aus dem Han­gar gezo­gen, und bald war der Luft­bus-Schüt­tel­dienst (shut­tle ser­vice) wie­der in Betrieb.

Kap Royds liegt am Fuß des Mount Ere­bus, deut­lich sicht­bar vul­ka­nisch geprägt, mit ein paar sehr auf­fäl­li­gen Gra­nit-Find­lin­gen. Eine schö­ne, etwas fins­te­re Hügel­land­schaft, und der präch­ti­ge Anblick des Mount Ere­bus im Hin­ter­grund blieb uns auch heu­te erhal­ten. Was sehr ange­mes­sen war, denn immer­hin ging sei­ne Erst­be­stei­gung von hier aus, wäh­rend der Expe­di­ti­on, wel­che die Hüt­te hin­ter­ließ, zu der wir jetzt unse­ren klei­nen Pil­ger­gang machen.

Die Nim­rod-Expe­di­ti­on (1907-09) war Shack­le­tons ers­te eige­ne Ant­ark­tis-Expe­di­ti­on und auf jeden Fall sei­ne erfolg­reichs­te. Bei­na­he hat er den Süd­pol erreicht, es waren kei­ne hun­dert Mei­len mehr, als er sich zur Umkehr gezwun­gen sah, „bes­ser ein leben­der Esel als ein toter Löwe“. Der Mount Ere­bus wur­de, wie gesagt, erst­ma­lig bestie­gen, und der süd­li­che Magnet­pol erreicht, wovon James Clark Ross 1841 nur hat­te träu­men kön­nen.

Die Hüt­te ist klei­ner und schlich­ter als Scotts ver­win­kel­te Basis am Kap Evans. Kon­ser­ven ste­hen in den Rega­len. Alle Män­ner teil­ten sich einen gro­ßen Raum, nur The Boss hims­elf hat­te ein Win­kel­chen für sich, das er aber zeit­wei­se an Kran­ke abtrat. Bei genau­em Hin­schau­en fin­det sich sogar noch Shack­le­tons Unter­schrift auf einem Brett.

Shackletons Hütte am Kap Royds

Weni­ge hun­dert Meter von der Nim­rod-Hüt­te ent­fernt brü­ten Ade­lie­pin­gui­ne, mehr oder weni­ger die süd­lichs­te Kolo­nie, die es über­haupt gibt. Wenn nicht die süd­lichs­te, wenn nicht am Kap Bar­ne, ein Kat­zen­sprung von hier, nicht auch nur ein paar Nes­ter sind.

Unser vor­früh­stück­li­cher Aus­flug dau­ert so lan­ge, dass wir Kol­le­gen es gera­de noch zum Mit­tag­essen an Bord schaf­fen. Zum Schluss dau­ert es immer lan­ge, weil der letz­te Hub­schrau­ber immer erst dann auf dem Schiff lan­den kann, wenn der vor­letz­te zusam­men­ge­fal­tet und ver­staut ist. Hub­schrau­ber­lo­gis­tik macht man nicht mal so schnell neben­bei. Heu­te hat sich aber wie­der jede Minu­te gelohnt. Kol­le­ge Pin­gu­in­spe­zia­list, nicht gera­de ein Jün­ger der Polar­his­to­rie, ist da ganz mei­ner Mei­nung. Auch ohne Shack­le­ton-Hüt­te wäre Kap Royds einen Besuch wert.

Mount Erebus

Nach frü­hem Start und lan­gem Mor­gen ist es nach­mit­tags sehr ruhig an Bord, wäh­rend wir den McMur­do-Sound ver­las­sen und nach Nor­den fah­ren. Die weni­gen Tage hier sind lei­der schon um, kurz war es, dafür umso schö­ner, son­nen­ver­wöhnt. Mei­le um Mei­le über ruhi­ges, offe­nes Was­ser, Ross Island im Blick, mit allen 3 gro­ßen Gip­feln gleich­zei­tig: Mount Ter­ror, Mount Bird, Mount Ere­bus, die­ses berühm­te Trio aus glet­scher­be­deck­ten Vul­kan­ke­geln. Wie oft sieht man das so schön?

Dry Val­leys: Tay­lor Val­ley

Nein, wir haben den 28.1. nicht ein­fach ver­schla­fen. Den gab es bei uns nicht. Datums­gren­ze.

Bes­ser als heu­te kann das Wet­ter nicht wer­den. Das ist die Gele­gen­heit für den längs­ten Hub­schrau­ber­flug der Rei­se, näm­lich in die Dry Val­leys. Die Ort­eli­us liegt in New Har­bour, auf der West­sei­te des McMur­do Sound, und drückt ihren Bug in die etli­che Mei­len wei­te Fes­t­eis­de­cke. Vor der Nase haben wir das Trans­ant­ark­ti­sche Gebir­ge, die­se unglaub­lich gewal­ti­ge Berg­ket­te, ein gran­dio­ser Gip­fel neben dem ande­ren, ich weiß nicht wie vie­le hun­der­te Kilo­me­ter lang vom Kap Ada­re bis über den Axel Hei­berg Glet­scher hin­aus, über 80°S hin­weg. Und mit­ten­drin die­se merk­wür­di­gen Täler, wo es selbst den Glet­schern zu tro­cken ist.

Heu­te haben die Pilo­ten viel zu tun, fast 100 Men­schen von der Ort­eli­us bis zum Cana­da Gla­cier im Tay­lor Val­ley zu beför­dern. Neben­bei bemerkt, waren die letz­ten Besu­cher, von Wis­sen­schaft­lern abge­se­hen, soweit uns bekannt im Febru­ar 2013 hier und kamen eben­falls von der Ort­eli­us. Es ist nicht gera­de über­lau­fen im Tay­lor Val­ley.

Canada Glacier, Taylor Valley

Wie alles hier, so ist auch der Besuch in den Dry Val­leys genau­es­tens gere­gelt, es gibt nur eine klei­ne Besu­cher­zo­ne, wo wir über­haupt hin dür­fen. Das gan­ze Tal ist ewig wei­te, uralte Morä­ne, ein bun­tes Frei­licht­mu­se­um der Regio­nal­geo­lo­gie, wei­te Wüs­te. Ein klei­nes Schmelz­was­ser­rinn­sal läuft vom Glet­scher in den natür­lich gefro­re­nen Lake Fry­xell. Ver­geb­lich sucht man auch nur die gerings­te Spur von Leben, aber man müss­te wohl ein Mikro­skop dabei­ha­ben, um etwas zu ent­de­cken und wür­de wohl am ehes­ten in den klei­nen Was­ser­läu­fen und Seen fün­dig wer­den, wobei man aber kei­ne Forel­len oder Lach­se erwar­ten soll­te, son­dern anpas­sungs­fä­hi­ge Miko­r­oo­ga­nis­men. Dabei haben sich sogar meh­re­re Rob­ben hier­her ver­irrt, die aber hier, über 10 km von der Küs­te ent­fernt, fest­stel­len muss­ten, dass es sich ohne Was­ser auf Dau­er nicht gut lebt. Der Zustand ihrer trau­ri­gen Über­res­te zeugt von hef­ti­gen Sand­stür­men in die­ser pola­ren Käl­te­wüs­te.

Von den Rob­ben­mu­mi­en und Glet­schern abge­se­hen, kann man sich so wohl unge­fähr den Mond vor­stel­len.

Pinguine und Schwertwale im McMurdo Sound

Das Leben tobt unter­des­sen an der Eis­kan­te, wo ande­re mit Zodiacs unter­wegs sind, der Tag ist ja lang und lässt Zeit für mehr. Meh­re­re Her­den von Schwert­wa­len zie­hen durch die Kanä­le zwi­schen den gro­ßen Eis­plat­ten, wo hier und dort Ade­lie­pin­gui­ne in klei­nen Grüpp­chen ste­hen, die wahr­schein­lich sehr unent­spannt die gro­ßen Rücken­flos­sen ver­fol­gen, die regel­mä­ßig hier und dort auf­tau­chen. Auch die Zodiacs erre­gen mehr­fach die fried­li­che Neu­gier die­ser beein­dru­cken­den Räu­ber. Ein klei­ner Spa­zier­gang auf meter­di­cken, beton­har­ten Eis­schol­len, den Mount Ere­bus immer im Blick, run­det den Tag ab.

Kap Royds

Nach die­sem abso­lut gran­dio­sen Nach­mit­tag am Kap Evans waren wir gut in Schwung, also auf zum Kap Royds, nur weni­ge Mei­len nörd­lich vom Kap Evans. Dort ließ sich 1907-09 Shack­le­ton mit sei­ner Nim­rod-Expe­di­ti­on nie­der, nicht sei­ne bekann­tes­te Expe­di­ti­on, aber sicher sei­ne erfolg­reichs­te. Und die ein­zi­ge, wäh­rend der er eine noch sicht­ba­re Spur in der Ant­ark­tis hin­ter­las­sen hat.

Also, schnell vorm Essen schon mal schau­en, ob am Ufer alles soweit in Ord­nung ist, gut­ge­launt ab ins Boot – und was müs­sen wir sehen, Back­door Bay ist völ­lig mit Eis gefüllt. Und zwar nicht nur das gute, har­te Fest­eis, auf dem man bequem an Land spa­zie­ren könn­te, son­dern davor ein vom Wind zusam­men­ge­scho­be­ner Strei­fen klei­ner Eis­trüm­mer. Zu dicht für die Boo­te, zu insta­bil, um dar­über hin­weg zu lau­fen. Nicht hilf­reich.

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Also tun wir, was man sowie­so am bes­ten immer tun soll­te, und den­ken nicht an das, was gera­de nicht funk­tio­niert, son­dern freu­en uns über die schö­ne Lan­dung mit viel Zeit am Kap Evans und über den Anblick des Mount Ere­bus, der über allem hier thront und sein berühm­tes klei­nes Rauch­wölk­chen vom Kra­ter in 3,794 m Höhe in den knall­blau­en Abend­him­mel schickt.

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News-Auflistung generiert am 20. April 2024 um 11:07:29 Uhr (GMT+1)
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